Kommentar:Das tödliche Trio

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Ignoranz, Unterdrückung und Armut behindern den Kampf gegen Aids. Wer das Killervirus besiegen will, muss diese drei Verbündete ausschalten.

Von Arne Perras

Gefährliche Mythen begleiten das Virus: Aids ist unbezwingbar, Aids ist unaufhaltsam, gegen Aids kommt die Menschheit nicht an.

Aids muss besiegt werden - nur wie? Foto: dpa (Foto: N/A)

Diese Mythen mögen leicht verfangen angesichts der Daten, die den fast ungebremsten Vormarsch der tödlichen Immunschwächekrankheit dokumentieren. Die Zahl der Infizierten übersteigt inzwischen 39 Millionen.

Viele Staaten Afrikas hat das Virus schon ruiniert, jetzt packt es die asiatischen Riesen: Indien, China, Indonesien. Und Aids macht auch vor Osteuropa nicht Halt. All dies ist dennoch keine Fügung des Schicksals. HIV als unabwendbare Apokalypse zu betrachten ist falsch und unverantwortlich.

Denn eines wird oft übersehen: Das Virus entfaltet erst durch die Beihilfe des Menschen seine ganze Kraft. Um großflächig zu töten, braucht Aids viele Verbündete.

Ein tödliches Trio ist am Werk, das Aids bei seiner Ausbreitung in aller Welt begünstigt: Ignoranz, Unterdrückung, Armut. Wer den Kampf gegen das Killervirus gewinnen will, muss diese Helfer ausschalten.

Aids kein Tabu mehr

Im Kampf gegen die Ignoranz gibt es Fortschritte, sowohl in der reichen als auch in der armen Welt. Aids ist vielerorts kein Tabu mehr, dank der rastlosen Arbeit tausender Anti-Aids-Aktivisten.

Die reichen Staaten mobilisieren heute weit mehr Geld gegen Aids als früher - drei mal so viel wie noch im Jahr 2001. Und vielerorts werben Präsidenten und Minister für Kondome und sicheren Sex, was noch vor wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen wäre.

Allerdings hinkte die Aufklärung stets hinterher - das Virus verbreitete sich schneller als die rettende Botschaft. Deshalb wird man noch mit vielen Millionen Toten rechnen müssen, ehe die Kampagnen ihre Wirkung zeigen.

Bei Unterdrückung und Armut gibt es weit weniger Erfolge zu verzeichnen. Noch immer ist es häufig so, dass Männer ihre Macht gegenüber Frauen missbrauchen, dass sie Mädchen unterdrücken und ausbeuten. Die Gefahr, sich mit Aids zu infizieren, steigt somit rapide.

Gewalt und Willkür

Frauen sind ohnehin schon einem größeren Risiko ausgesetzt, weil sie das Virus beim Geschlechtsverkehr viel leichter bekommen als Männer. Die Regierungen in den armen Ländern werden also gerade Frauen vor Gewalt und Willkür besser schützen müssen.

All dies kann nur gelingen, wenn die Weltgemeinschaft den Kampf gegen die Armut stärker unterstützt. Denn es ist das Elend, das viele Frauen zwingt, sich auf tödliche Risiken einzulassen.

Der so genannte Sugar Daddy, der Mädchen und Frauen aushält oder ihnen Schutz gewährt im Austausch gegen Sex und andere Dienste - er ist ein weit verbreitetes Phänomen in der armen Welt.

Diese Abhängigkeiten können nur aufgebrochen werden, wenn der Wohlstand insgesamt steigt und wenn Frauen so mehr Freiraum bekommen. Solange die Männer auf ihrer Macht beharren und sich einem Wandel widersetzen, gibt es wenig Chancen gegen Aids.

© SZ vom 24.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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