Kommentar:Das Aschermittwoch-Rezept

Gerade noch in Indien und schon wieder in Passau: Edmund Stoiber liebt die Kontraste.

Von Michael Stiller

Doch was ist das? Rebellische Polizisten als Demonstranten beim politischen Aschermittwoch?

Das ist ja fast ein Sakrileg, gewiss aber ein Novum für die traditionell widerspruchsfreie CSU-Erweckungsveranstaltung zum Beginn der Fastenzeit.

Neu ist auch die Halle in Passau, seit Jahrzehnten gleich aber die Rezeptur für den CSU-Aschermittwoch.

Nur die erste Garnitur ist gefragt, also Stoiber. Gesäusel will keiner hören, dafür Gepolter und Gezeter. Das ist bei allen Parteien an diesem Tag so, aber an die CSU reicht keine andere heran.

Als Zögling des legendären Aschermittwoch-Agitators Franz Josef Strauß weiß Stoiber, was eine gute Passau-Show ausmacht.

An dessen Redekunst reicht er freilich nicht heran.

Laut und lang muss die Predigt sein, scharf auf den Gegner zielen und den Leuten das Gefühl vermitteln, der Mann arbeite sich nicht nur beim Regieren, sondern auch beim Reden förmlich auf.

Also sieht Stoiber, den die Wahlniederlage von 2002 immer noch schmerzt, zum Beispiel in der Bundesregierung eine Horde von Banausen, deren Rücktritt unausweichlich sei. Da kommt der Jubel wie von selbst.

Nimmt Stoiber Fahrt auf, ist niemand vor ihm sicher. Sogar die Unternehmer, die "zu feige" agierten, werden gerüffelt.

Und den Türken macht Stoiber zur Freude seines treudeutschen Anhangs klar, dass ihr Wunsch nach Aufnahme in die EU die Republik überfordere.

"Man muss doch auch mal an das deutsche Volk denken", sagt Stoiber. Das klingt, ob nun gewollt oder nicht, ein klein bisschen nach dem Spruch "Deutschland den Deutschen".

Aber an Aschermittwoch scheint ja alles erlaubt zu sein.

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