Kölner Silvester:Kalte Wut

Innenminister Jäger hat lediglich kalte Routine gezeigt.

Von Bernd Dörries

Wenn es seine Tochter gewesen wäre oder seine Frau, die in der Kölner Silvesternacht angegrapscht geworden wären, ihn hätte "die kalte Wut gepackt". So hat es der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger gesagt, vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Weil es aber nicht seine Tochter war und nicht die Frau, hat der Minister die Meldungen weggedrückt, die auf seinem Handy einliefen zu der Gewalt am Hauptbahnhof. Es waren andere Frauen, andere Töchter. Es war da keine kalte Wut; es hat ihn kaltgelassen.

Das ist Routine in einem Amt, in dem man als Dienstherr der Polizei täglich mit Mord und Gewalt zu tun hat. Es ist für Jäger aber auch zur Routine geworden, vor allem um sein eigenes Amt zu kämpfen. Das war nach der Loveparade-Katastrophe so, als er sich früh festlegte, dass seine Polizei nichts falsch gemacht habe, obwohl es dafür Indizien gibt. Nach der Silvesternacht zeigt Jäger auf die Kölner Polizei und ihren geschassten Chef, den er selbst ins Amt berufen hatte, obwohl es wenig Indizien für dessen Eignung gab.

Die Opposition versucht nun, Jäger möglichst viel Mitschuld an den Kölner Ereignissen zu geben. Vor der Landtagswahl 2017 ist das durchschaubar. Doch Jägers Fehler ist tatsächlich, dass ihn nach Silvester nicht die kalte Wut packte, dass er sich nicht um die Opfer kümmerte. Sondern vor allem darum, dass er selbst nicht Opfer der Ereignisse wurde.

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