Köhler spricht vor der Knesset:"Ich verneige mich in Scham und Demut"

Der Bundespräsident sprach leise und er begann überraschend auf hebräisch: Dankte für die Gelegenheit, vor dem israelischen Parlament zu sprechen und schloss: "Diese Reise, dieser Tag, diese Stunde bewegen mich sehr".

Es war nicht zu übersehen, dass der Bundespräsident die "wichtige, aber auch schwierige Reise" (Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland) überaus ernst nahm: "Die Rede war bewegend und es hat ihn sehr bewegt", sagte Spiegel, der den Bundespräsidenten begleitet, im Anschluss an die Rede im Fernsehen.

Köhler spricht vor der Knesset: Bundespräsident Köhlker in der Knesset

Bundespräsident Köhlker in der Knesset

(Foto: Foto: dpa)

Köhler hatte gesagt, er sei von Auschwitz über Berlin nach Jerusalem gekommen - Stationen einer Reise, die der Bundespräsident sowohl geographisch, aber auch im übertragenen Sinne absolviert und die ihn tief beeindruckt hat. "Zwischen Deutschland und Israel kann es nicht das geben, was man Normalität nennt", sagte Köhler, dennoch seien die deutsch-israelischen Beziehungen sehr dicht wie zu keinem außereuropäischen Land außer den USA.

Mit Spannung wurden Köhlers Äußerungen zu Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus erwartet. Diese seien nicht aus Deutschland verschwunden, sagte er. "Ich verneige mich in Scham und Demut", sagte Köhler, und: Vergleiche, die die Schoa verharmlosen, aber seien "ein Skandal, dem wir uns entgegenstellen". "Wir müssen die politische Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten und Antisemiten suchen, und wir müssen sie offensiv führen."

Zuvor hatte der israelische Regierungschef Ariel Scharon einen "erbarmungslosen Kampf" gegen neuen Antisemitismus gefordert. In seiner Rede vor der Knesset beklagt Scharon eine Zunahme der Feindseligkeiten gegen Juden.

Besonders hob das deutsche Staatsoberhaupt die Bedeutung des Jugendaustauschs hervor. Dieser sei eine Investition in die Zukunft und verdiene noch mehr Aufmerksamkeit. "Die Jugendlichen werden entscheiden, welchen Weg die deutsch-israelischen Beziehungen in Zukunft nehmen werden", sagte er. Zu dieser Zukunft gehörten auch vertiefte wirtschaftliche Beziehungen Israels sowohl zu Deutschland als auch zur EU. Köhler versprach, sich dafür einzusetzen.

Diese Entwicklung setze aber voraus, dass Terror und Gewalt zurückgingen. "Ich glaube an einen Nahen Osten, in dem Israel und ein palästinenischer Staat friedlich zusammenleben", sagte Köhler. Und zitierte Ben Gurion: "Wer nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist". Solche Realisten seien jetzt gefragt.

Kurzer, nicht enthusiatischer Beifall.

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