Koalitionsstreit:Union: SPD verzögert Asyl-Einigung

Migrants from Morocco, stranded at the Greek-Macedonian border, try to keep warm by an open fire next to their tent near the Greek village of Idomeni

Flüchtlinge aus Marokko campieren an der griechisch-mazedonischen Grenze (Archivbild).

(Foto: Yannis Behrakis/Reuters)

Die Union will die Maghreb-Staaten schnell zu sicheren Herkunftsländern erklären. Die SPD spielt nicht mit - aus wahltaktischen Gründen?

Von Robert Roßmann und Josef Kelnberger, Berlin/Stuttgart

Wegen der bevorstehenden Landtagswahlen gibt es neuen Streit zwischen Union und SPD in der Asylpolitik. Diesmal geht es um die Liste der sicheren Herkunftsstaaten. Die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien hatten vereinbart, Marokko, Algerien und Tunesien in die Liste aufzunehmen. Mit den Stimmen der SPD-Minister hat die Bundesregierung bereits einen Gesetzentwurf dazu beschlossen. Damit soll die Ablehnung von Asylanträgen von Bürgern der drei Maghreb-Staaten erleichtert werden.

Jetzt weigert sich die SPD-Fraktion aber, diesen Gesetzentwurf zusammen mit der Union als Entwurf der Koalitionsfraktionen in den Bundestag einzubringen. Durch dieses häufig angewandte Prozedere hätte das Gesetzgebungsverfahren deutlich beschleunigt werden können. Das Grundgesetz verlangt, dass Gesetzesvorlagen der Regierung vor einer Einbringung in den Bundestag zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme überreicht werden. Für Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen sieht das Grundgesetz keinen derartigen Vorab-Umweg über den Bundesrat vor.

Die CDU ist verärgert - und auch die Grünen

Die Union warf der SPD am Dienstag vor, die Ausweitung der Liste aus wahltaktischen Gründen zu verzögern. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte, die SPD verhindere damit Entscheidungen vor den Wahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt am 13. März. Offenbar nehme die SPD Rücksicht auf die rot-grüne Landesregierung von Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz. Für Dreyer ist die Ausweitung der Liste wegen des Widerstands der Landes-Grünen ein Problem im Wahlkampf. Auch die Regierung von Winfried Kretschmann (Grüne) in Baden-Württemberg ist über die Ausweitung der Liste nicht erfreut. Kretschmann ist zwar gesprächsbereit, muss sich dafür in seiner Bundespartei aber erheblich rechtfertigen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies die Vorwürfe der Union zurück. Er verwies darauf, dass die Liste der sicheren Herkunftsstaaten am Ende nur mit Billigung des Bundesrats ausgeweitet werden könne. Weil die ausschließlich von CDU, CSU und SPD regierten Länder im Bundesrat keine Mehrheit hätten, sei man auf die Unterstützung der Grünen angewiesen. Solange die Union aber nicht auf die Forderungen der Grünen eingehe, ergebe es keinen Sinn, einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen im Bundestag einzubringen. Die SPD habe "keine Probleme mit den Vorschlägen der Grünen". CDU, CSU und Grüne müssten sich jetzt erst einmal untereinander verständigen.

Der grüne Ministerpräsident Kretschmann zeigt sich zu Kompromiss bereit

Oppermann bezog sich dabei auf Signale Kretschmanns. Dieser hat eine Unterstützung im Bundesrat in Aussicht gestellt, falls im Gegenzug unter anderem eine Altfallregelung für lange in Deutschland lebende Flüchtlinge eingeführt wird. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und baden-württembergische Landeschef Thomas Strobl lehnte dies ab. Er sagte, es könne "nicht sein, dass die Grünen meinen, hier Dinge hineinverhandeln zu können, die mit den sicheren Herkunftsstaaten nichts, aber auch gar nichts zu tun haben". Er erwarte, dass die Grünen "zustimmen - und zwar schnell". Bevor der Westbalkan zur sicheren Herkunftsregion erklärt worden sei, hätten "vor allem Grüne gesagt, dass das nichts bringe". Die Union habe "es trotzdem durchgesetzt - und die sehr hohen Zuzugszahlen von dort haben sich massivst verringert".

Um im Bundesrat eine Mehrheit zu erreichen, müssten auch mindestens zwei Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen für eine Ausweitung der Liste votieren. Neben Baden-Württemberg könnte das das schwarz-grün regierte Hessen sein.

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