Koalitionspoker:Gesetzlich Versicherte sollen schneller Arzttermin erhalten

Koalitionsverhandlungen - Inneres und Justiz

Uneinig beim Thema Staatsbürgerschaft: Thomas Oppermann (re., SPD) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

(Foto: dpa)

Union und SPD einigen sich auf eine Regelung, um Wartezeiten für einen Arzttermin zu verkürzen. Innenminister Friedrich will Kindern von Migranten mehr Zeit geben, sich zwischen der Staatsbürgerschaft der Eltern und der deutschen zu entscheiden. Die SPD lehnt das strikt ab - zum Unmut des CSU-Politikers.

Die Entwicklungen zum Nachlesen.

In zahlreichen Arbeitsgruppen gehen am Donnerstag die Gespräche zwischen Union und SPD weiter. Süddeutsche.de hat wichtige Beschlüsse und Diskussionen zusammengefasst:

  • Regelung zu Wartezeiten für Arzttermine: Union und SPD wollen allen gesetzlich Versicherten künftig Facharzttermine innerhalb von vier Wochen garantieren. Wenn die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung dies nicht ermöglicht, sollen die Betroffenen stattdessen in ein Krankenhaus gehen können. Bezahlt werden müsste dies dann aus dem Budget der Praxisärzte. Das kündigten die Verhandlungsführer von Union und SPD, Jens Spahn und Karl Lauterbach, an. "Das ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Abbau der Zwei-Klassen-Medizin", sagte Lauterbach.
  • Keine Einigung bei doppelter Staatsbürgerschaft: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wirft der SPD in den Gesprächen über eine doppelte Staatsbürgerschaft vor, unvernünftig zu sein. Friedrich sagte, in einigen Punkten seien "die Fronten noch verhärtet, zum Beispiel bei der doppelten Staatsbürgerschaft." Friedrich beklagte, dass die Sozialdemokraten seinen Vorschlag ablehnten, die bisherigen Fristen beim Optionsmodell zu verlängern. Danach werden bisher in Deutschland geborene Zuwandererkinder zwar zu Deutschen und behalten zunächst gleichzeitig die Staatsangehörigkeit der Eltern, müssen sich bis zum 23. Lebensjahr aber für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Der Innenminister kündigte an: "Wir werden das noch mal aufrufen. Ich hoffe, dass die SPD da jetzt etwas vernünftiger wird." Deren Verhandlungsführer, Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, lehnte das Angebot ab: "Das wäre die Verlängerung eines schlechten Zustandes. Darauf können wir uns auf gar keinen Fall einlassen."
  • Unterhändler der Union sprechen über Finanzen: ​​​Vor Beginn der Koalitionsverhandlungen waren CDU und CSU am Donnerstagvormittag zunächst unter sich geblieben. "Wir befinden uns in der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen", sagte Umweltminister Peter Altmaier (CDU). Die Vorsitzenden Merkel und Seehofer wollen verhindern, dass ihre Parteifreunde in den Arbeitsgruppen mit der SPD Vereinbarungen treffen, die in einem Gesamtpaket nicht mehr finanzierbar sind. In Einzelgesprächen sollten deshalb denkbare Kompromisse mit den Sozialdemokraten vorab besprochen werden. Die Kanzlerin hatte die Unterhändler schon am Mittwoch vor zu großen Ausgaben gewarnt.
  • Gespräche über Steuer-, Finanz- und Verkehrspolitik: Im Anschluss an ihre internen Beratungen verhandelten die Unterhändler von CDU und CSU in den Arbeitsgruppen wieder mit den Vertretern der SPD. In der Arbeitsgruppe für Finanzen sollen Lösungen zur Steuer- und Finanzmarktpolitik gesucht werden. Die Arbeitsgruppe für Verkehr will über die Sanierung von Straße und Schiene beraten. Dafür wollen Union und SPD zusätzliche Milliarden aufbringen. Zur Sprache kommen soll auch die von der CSU geforderte Pkw-Maut. Hierfür will die CSU nur Fahrzeuge aus dem Ausland zur Kasse bitten. Die SPD lehnt eine Pkw-Maut ab.
  • Altmaier schlägt Reform der Ökostrom-Förderung vor: Bundesumweltminister Altmaier will den Windrad-Bau an Land bremsen. "In einem ersten Schritt werden wir bei windstarken Standorten daher die Fördersätze deutlich senken", heißt es in einem Vorschlag für den Koalitionsvertrag. "Außerdem werden wir die Förderung bundesweit auf die guten Standorte konzentrieren." Damit hätten Bayern und Baden-Württemberg kaum Chancen für ihren geplanten Windkraft-Ausbau. Alle Betreiber von Ökostromkraftwerken sollen zudem künftig ihre Elektrizität selbst vermarkten. Bisher verkaufen die Netzbetreiber den Ökostrom für die Anlagenbetreiber an der Börse.​
  • Mehr Transparenz bei Rüstungsexporten: "Deutlich mehr Transparenz und demokratische Kontrolle" - mit diesen Worten präsentierten SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsminister Thomas de Maizière ihren Vorschlag: Der Bundessicherheitsrat soll künftig seine Entscheidungen zu Rüstungsexporten "unverzüglich" dem Bundestag mitteilen. Der Rüstungsexportbericht soll nicht mehr jährlich, sondern künftig zweimal im Jahr erscheinen. Er führt tatsächlich zustande gekommene Geschäfte auf. Geheim bleiben hingegen die Entscheidungen über sensible Rüstungsexporte, die der Bundessicherheitsrat fällt. Auch über Voranfragen, zu denen noch keine Entscheidungen gefällt wurden, wird nicht informiert.
  • Diskussion um Gentechnik: "Wir wollen keinerlei Freisetzung", sagte die SPD-Umweltpolitikerin Ute Vogt. Die SPD wolle Gentechnik auf den Feldern auch nicht zu Versuchszwecken. Für die CDU wies die amtierende Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche hingegen auf die Politik der EU in dieser Frage hin: Demnach solle nicht jedes Land entscheiden können, was es macht, sagte sie.
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