Koalitionsoption:CDU plus SPD - ohne CSU

German Elections: The Day After

Merkel hat nach der Wahl einige Koalitionsmöglichkeiten. Manche bleiben wohl Gedankenspiele.

(Foto: Getty Images)

Angela Merkel will weder eine Koalition mit den Grünen noch eine Minderheitsregierung. Deshalb wird die Kanzlerin wohl die große Koalition anstreben. Es gäbe aber noch eine ganz andere Möglichkeit: eine Koalition zwischen CDU und SPD. Ohne die nörglerische, sich selbst aufblasende Regionalpartei CSU.

Ein Kommentar von Kurt Kister

Der Wahlsieg von CDU und CSU ist so eindeutig, dass sich zumindest erübrigt, darüber zu rechten, wer denn nun den so oft zitierten Auftrag des Wählers zur Regierungsbildung erhalten hat. Angela Merkels Union fehlen nur ein paar Sitze zur absoluten Mehrheit. Das beschreibt einerseits das Ausmaß von Merkels Triumph. Andererseits umreißt es auch jenes Problem der Union, das in den nächsten Wochen das politische Berlin dominieren wird.

Die Union braucht einen Koalitionspartner, wird aber keinen gewinnen, der brav seine Reverenz davor erweist, dass Merkel um drei Haaresbreiten alleine regieren könnte. Man hat der Wahlsiegerin mit gefrorenem Lächeln gratuliert. Das war es dann auch, und mehr Wärme wird die SPD, zu schweigen von den Grünen, Merkel zunächst nicht entgegenbringen.

Bei den Wahlsiegern wiederum herrscht das Gefühl vor, sie hätten es angesichts ihrer Stärke nicht nötig, sich zu sehr den Forderungen einer anderen Partei zu beugen. Das ist menschlich verständlich, politisch aber irrelevant. Gerade weil die Union nicht allein regieren kann, wird letztlich der Preis für den Eintritt in eine Koalition nicht vom Wahlergebnis des Siegers bestimmt werden, sondern von der Notwendigkeit, einen Partner zu finden. Schon wegen der europäischen Dinge darf sich die Regierungsbildung nicht über Monate hinziehen.

Eine Minderheitsregierung ist keine realistische Option

Theoretisch könnte die Union dies umgehen, indem sie eine Minderheitsregierung probiert. Dies gefiele nicht nur den Wahlverlierern, sondern auch etlichen Bürgern, die Merkels Sieg unerfreulich finden. Angela Merkel, die darüber entscheidet, gefällt es nicht. Überhaupt nicht.

Sie wird sich nicht abhängig machen von wechselnden Mehrheiten, schon gar nicht nach diesem Wahlsieg. Bevor sie sich als Minderheitskanzlerin mit ungewissem Ausblick auf die Legislaturperiode wählen lassen würde, würde sie Neuwahlen anstreben, wenn es partout zu keiner Koalition kommen sollte. Eine Minderheitsregierung ist ein Gedankenspiel, aber keine realistische Option.

Bleibt also die Koalition. Aus Merkels Sicht gibt es eine Möglichkeit und eine Alternative, die sie nicht will. Die Möglichkeit ist die große Koalition. Dass sie inhaltlich funktioniert, haben die vier Jahre zwischen 2005 und 2009 bewiesen. Die SPD steht heute keineswegs weiter links als damals. Das Spitzenpersonal von CDU und SPD kommt miteinander aus, wenn es will; zwischen CSU und SPD verträgt man sich, wenn es sein muss.

Eine ganz andere Möglichkeit

Die Union hat in einer großen Koalition wenig zu verlieren. Merkel würde in diesem Bündnis einen halben Meter über dem Kabinettstisch schweben, an dem sich Sigmar Gabriel, Alexander Dobrindt sowie ehrgeizige CDU-Aufsteiger zoffen könnten. Ansonsten suchte man nach pragmatischen Lösungen, hätte eine große Parlamentsmehrheit und könnte von 2015 an das Klima abkühlen lassen, um für 2016/17 den rechtzeitigen Bruch zur Organisation der Merkel-Nachfolge vorzubereiten. Das läge im Interesse beider Seiten.

Die Alternative, die Merkel nicht will, ist Schwarz-Grün. Die Mehrheit der Grünen will es auch nicht, gerade weil Merkel für die Jüngeren allmählich zum weiblichen Kohl wird. Vielleicht würde Schwarz-Grün einen CDU-Parteitag überstehen, jedenfalls dann, wenn der Koalitionsvertrag recht schwarz und mäßig grün wäre. Die CSU wäre kein Problem, denn die macht, was Seehofer sagt.

Eine Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen aber würde so ein Vertrag nicht überleben. Zwischen Schwarz und Grün gibt es heute zwar mehr Überschneidungen als noch vor zehn Jahren. Aber es besteht, und das darf man nicht unterschätzen, eine weit verbreitete milieukulturelle Unverträglichkeit zwischen den Lebenswelten engagierter Grüner und überzeugter Christdemokraten, gar nicht zu reden von der CSU. Das war mit der heute auf den Tod darniederliegenden FDP einst anders. Die pragmatische Promiskuität der Liberalen ließ Partnerschaften mit nahezu allen Seiten zu.

Die Union wird wohl die große Koalition anstreben. Und dennoch gäbe es eine ganz andere Möglichkeit, noch unwahrscheinlicher allerdings als die Minderheitsregierung: eine Koalition zwischen CDU und SPD. Ohne die nörglerische, sich selbst aufblasende Regionalpartei CSU fiele ein Bündnis zwischen den moderaten Bürgerlichen der CDU und den Sozialdemokraten relativ leicht. Die CSU ist, für sich genommen, im Bundestag schwächer als Linke oder Grüne.

Schon für die Bundestagswahl 2017 könnte die CDU einen bayerischen Landesverband gründen, der in der Landtagswahl 2018 nahezu unumgänglicher Koalitionspartner der CSU in Bayern würde. So könnte Merkel erreichen, woran Helmut Kohl bei Franz Josef Strauß zunächst gescheitert ist, bevor Strauß dann an Kohl scheiterte. Leider nur ein Gedankenspiel . . .

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