Koalitionsgespräche:Gerangel um Hartz IV

Die Union hat erneut gefordert, die Arbeitsmarktreform zu korrigieren. Edmund Stoiber will beim Arbeitslosengeld regional unterscheiden.

Andreas Hoffmann

Vor dem Spitzengespräch der Koalition am Sonntagabend haben mehrere Spitzenpolitiker auf grundlegende Änderungen der Hartz-IV-Gesetze gedrängt, um Kosten zu begrenzen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte: "Da helfen jetzt keine kleinen Schritte mehr."

Er forderte eine Abkehr vom einheitlichen Bedarfssatz und verlangte regional abgestufte Sätze, weil das Leben in den Städten teurer sei als auf dem Land. Nordrhein-Westfalens Arbeitsminsiter Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD): "Der Mann ist in der Arbeitsmarktpolitik nur störend."

Der Vizekanzler verteidigte die Hartz-IV-Gesetze und lehnte generelle Änderungen ab. Zugleich bestritt er eine Kostenexplosion, bisher lägen die Mehrausgaben bei 2,2 Milliarden Euro. Das seien fünf bis zehn Prozent mehr als 2005.

"Profilierungsdrang"

Am Sonntagabend wollten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD mit Hartz IV beschäftigen. Beschlüsse wurden keine erwartet, hieß es in Reihen der Koalition. In Kreisen der SPD wurde Unmut über das Vorgehen der Union laut.

Manche Ministerpräsidenten würden den Eindruck erwecken, als hätten sie die Gesetze nicht mitbeschlossen. "Diesem Profilierungsdrang muss Einhalt geboten werden", hieß es in SPD-Kreisen. Zugleich wurde bekannt, dass sich Müntefering mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vergangene Woche getroffen hatte, um über Einsparungen bei Hartz IV zu beraten.

Ein Sprecher Münteferings verwies darauf, dass die Regierung die Kosten beobachten werde. Zugleich lehnte er weitere Leistungskürzungen für Arbeitslose ab.

Daneben wollte sich die Koalitionsrunde vor allem mit der Gesundheitspolitik beschäftigen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Unionsfraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) wollten die Parteispitzen über den Stand der Beratungen in der Arbeitsgruppe beraten.

Künftige Finanzierung des Gesundheitssystem bleibt offen

Dabei wollte die Runde über den weiteren Fahrplan debattieren. Bislang hatte die Experten nur darüber geredet, wie die Strukturen im Gesundheitswesen geändert werden sollen. Offen blieb, wie das System künftig finanziert und wie ein mögliches Defizit der Kassen von sieben Milliarden Euro im nächsten Jahr verhindert werden kann.

Außerdem wollten die Spitzen der Koalition über weitere Gesetzesvorhaben reden, wie Unternehmensteuerreform oder Mindestlöhne. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht die Frage, ob die Bundeswehr zur Terrorabwehr im Inland eingesetzt werden kann. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte dazu eine Grundgesetzänderung gefordert.

Unklar blieb im Vorfeld des Spitzengesprächs, ob sich die Runde auch mit dem Thema Lehrstellen beschäftigt. Müntefering hatte von der Wirtschaft größere Anstrengungen verlangt.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt widersprach diesen Forderungen. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach sich unterdessen dafür aus, die Lehrlingsgehälter zu kürzen.

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