Koalitionsgespräche:Frankreich mischt sich in Jamaika ein

Der Finanzminister aus Paris wirbt in Berlin für die Europa-Pläne seines Präsidenten Emmanuel Macron.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Ungewöhnlich direkt hat die französische Regierung in dieser Woche in die Sondierungsverhandlungen für ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis in Berlin eingegriffen. Finanzminister Bruno Le Maire reiste am Mittwoch nach Berlin, um den Parteichefs von FDP und Grünen sowie führenden Unterhändlern der Union noch einmal persönlich die Ideen von Staatspräsident Emmanuel Macron zur Neugestaltung Europas vorzutragen. Le Maire überbrachte den Wunsch Macrons, den avisierten Koalitionsvertrag bei europäischen Themen so weit offen zu lassen, dass anschließend überhaupt noch über die Zukunft Europas und vor allem der Euro-Zone weiterverhandelt werden könne. "Wir hoffen wirklich, dass die deutschen Verhandler in ihrer Koalitionsvereinbarung Platz lassen, um mit den europäischen Partnern die Zukunft der Euro-Zone zu verhandeln", sagte Le Maire in Berlin. "Das ist entscheidend".

In Paris herrscht die Sorge, dass die Zukunft Europas schon im deutschen Koalitionsvertrag beschlossen werden könnte, sollten sich die Unterhändler auf zu viele Details zur Euro-Zone festlegen. FDP-Parteichef Christian Lindner hielt sich über das Treffen mit dem Franzosen bedeckt. Er teilte via Twitter nur mit, der Austausch über Euro-Themen sei "spannend" gewesen. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Süddeutschen Zeitung, er habe "einen sehr offenen Austausch über mögliche Reformen der Wirtschafts- und Währungsunion gehabt". Man sei sich einig, dass die Zeit dränge. Europa krisenfest zu machen, "das gehört ganz oben auf die außenpolitische Agenda einer neuen Bundesregierung."

Le Maire, der sich auch mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier sowie Finanzstaatssekretär Jens Spahn (alle CDU) getroffen hatte, sprach anschließend von "sehr nützlichen Gesprächen". Er betonte, es gehe Paris nicht darum, die Sondierungen zu beeinflussen, sondern die französischen Pläne zu erklären. "Wir brauchen eine starke Euro-Zone als Herz von Europa". Berlin und Paris sollten vorangehen. Er schlug vor, bilaterale Arbeitsgruppen einzurichten, die sich wöchentlich abstimmen sollten. Altmaier sagte am Donnerstag, nicht alle französischen Vorschläge seien stets uneingeschränkt erfüllbar. Aber man habe sich doch immer einigen können.

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