Koalition:Operation Regenbogen

Scherze im Kabinett, Konfrontation im Parlament: Die Homo-Ehe wird zum Dauerkonflikt für Schwarz-Rot. Doch weil Kanzlerin Merkel hier wenig zu gewinnen hat, wird sie sich der SPD nicht beugen

Von Nico Fried und Jens Schneider, Berlin

Am Mittwoch im Kabinett ging es noch fast freundschaftlich zu: Als die schwarz-rote Ministerrunde sich mit dem Antrag im Bundesrat zur Homo-Ehe befasste, fragte Angela Merkel Justizminister Heiko Maas, ob juristisch die Formulierung "Ehe für alle" eigentlich brauchbar sei. Sie empfinde das eher wie eine "Anordnung". Und dann erzählte Merkel, dass sie - obgleich damals schon Ministerin für die CDU - aus Prinzip bis zum Ende der Regierung von Helmut Kohl gewartet habe, bevor sie ihren heutigen Mann Joachim Sauer heiratete. Dauernd habe sie aus der eigenen Partei Druck bekommen, berichtete die Kanzlerin - aber unter Druck mache sie erst einmal gar nichts.

Es war eine halb im Scherz vorgetragenen Anekdote. Aber sie enthielt auch einen deutlichen Hinweis an die SPD: Die Kanzlerin wird sich in Sachen Homo-Ehe nicht drängen lassen. Das Thema bleibt ein Streitpunkt in der Koalition, wo die SPD allerdings deshalb keinen Bruch riskieren wird. Und es bleibt ein Thema in der Union. Die CDU in Nordrhein-Westfalen will die Gleichstellung in ihr Grundsatzprogramm aufnehmen. In Berlin hat CDU-Landeschef Frank Henkel die 12 500 Mitglieder zur Debatte aufgefordert. Er war in der Hauptstadt als rückständig kritisiert worden, weil er sich in der rot-schwarzen Koalition gegen die Homo-Ehe stellte. Da kam er auf die Idee, die Mitglieder direkt zu befragen. Mitte Juli soll das Ergebnis feststehen. Auch zum Bundesparteitag der CDU Ende des Jahres wird ein Antrag zur Gleichstellung erwartet.

Demo für die Homo-Ehe

"Ehe für alle": Aktivist mit Regenbogenfahne. Sie ist das internationale Symbol der schwul-lesbischen Bewegung.

(Foto: dpa)

Die Parteivorsitzende Merkel wird sich diese Debatten anschauen, ohne sich selbst festzulegen. So hat sie es beim Thema Homo-Ehe immer gemacht. In ihre Regierungszeit fallen fünf Urteile des Verfassungsgerichts, die Ungleichbehandlungen homosexueller Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen für grundgesetzwidrig erklärten. Trotzdem wird Merkel aus Rücksicht auf ihre Partei das Thema niemals offensiv angehen. Die Kanzlerin verfährt nach einer bewährten Methode: Schlachten, in denen es für sie nichts zu gewinnen gibt, entzieht sie sich.

Daran ändert auch das Votum nichts, das der Bundesrat am Freitag gefasst hat: Die Länderkammer stimmte mit klarer Mehrheit für die volle Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Alle rot-grün regierten Länder, zudem das von der Linken mit SPD und Grünen regierte Thüringen, sowie das rot-rote Brandenburg stimmten für einen von Niedersachsen initiierten Entschließungsantrag. Darin fordern sie von der Bundesregierung, "die verfassungswidrige Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften zu beenden und eine vollständige Gleichbehandlung der Ehe von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren im gesamten Bundesrecht herzustellen".

Homoehe

SZ-Grafik

In der Debatte vor der Abstimmung standen zwei Welten gegeneinander: Die eine bildeten der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow aus Thüringen, sein grüner Kollege Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg und Malu Dreyer (SPD) aus Rheinland-Pfalz. Die andere vertrat Winfried Bausback, bayerischer Justizminister von der CSU. Dreyer beschrieb die "Ehe für alle" als eine Selbstverständlichkeit. "Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist", sagte sie. "Es ist Zeit, dass wir uns öffnen."

Bausback dagegen warnte vor einem "Angriff auf die Ehe als wichtiges, in einer langen Verfassungstradition gewachsenes Institut". Es gehe den Befürwortern gar nicht um den Abbau der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare. Denn für den Abbau von Diskriminierung sei es nicht nötig, so der Minister, "grundlegende Werte unserer Verfassung und unserer Gesellschaft infrage zu stellen". Vielmehr wolle man hier "mit einem Federstrich die Ehe und die Lebenspartnerschaften gleichsetzen". Dies aber gehe aus Sicht Bayerns einen entscheidenden Schritt zu weit: "Indem es Dinge gleichsetzt, die nicht gleich sind, tangiert es einen Grundwert unseres Zusammenlebens."

In der Kabinettssitzung versuchte Vizekanzler Sigmar Gabriel mit einem Trick, Merkel umzustimmen: Wenn die Linken, deren Vorgänger aus der 68er-Generation die Ehe immer bekämpft hätten, heute die Ehe für alle forderten, sei dies doch ein Sieg für die Konservativen. Vereinzelt werde das in der Union so gesehen, flachste Merkel zurück, sie spüre aber, dass die Behauptung, das sei ein Erfolg der Union, nicht recht stimmen könne. Ihre juristischen Bedenken gegen den Begriff "Ehe für alle" wurden übrigens von Justizminister Heiko Maas bestätigt.

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