Koalition für Bremen:Die zwei Schulen der SPD

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Warum manche in Berlin gerne hätten, dass die Große Koalition in Bremen weitergeht - und einige genau das Gegenteil wollen.

Nico Fried

Es ist schon komisch mit der SPD. Die Partei als Ganzes wirkt irgendwie depressiv, der Vorsitzende hat mit Vorwürfen zu kämpfen, er sei seinem Job in Berlin nicht gewachsen, und in den bundesweiten Umfragen hängen die Sozialdemokraten seit Beginn der Großen Koalition hinter der Union.

Zwei Schulen, zwei Meinungen. Die SPD ist uneins über den richtigen Koalitionspartner in Bremen. (Foto: Foto: dpa)

Und doch erlebt die SPD nun zum dritten Mal hintereinander eine Landtagswahl, bei der sie sich als Sieger fühlen darf.

Die Glücksgefühle sind freilich vor allem dem Kalender zu verdanken, der die Wahlen gerade in den Ländern kurz hintereinander gelegt hat, in denen die SPD nach der Serie an Verlusten unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders noch was zu melden hat.

Die wirklich dicken Brocken folgen nächstes Jahr, wenn die Sozialdemokraten in Hamburg, Niedersachsen, Hessen und Bayern wenigstens eine schwarze Regierung aus dem Sattel heben müssten, um für die Bundestagswahl Schwung zu bekommen.

Dennoch: Auch in Bremen findet sich die SPD nach dem Ergebnis vom Sonntag erneut in der komfortablen Lage wieder, einen Koalitionspartner auswählen zu dürfen.

In Mecklenburg-Vorpommern machte die CDU das Rennen um die Gunst der SPD (vor der PDS), in Berlin entschied sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit für die Linken (und gegen Grüne und CDU). Und in der Hansestadt, wo Bürgermeister Jens Böhrnsen die Große Koalition Ende 2005 von seinem Vorgänger Henning Scherf übernommen hat?

Waffen zeigen

Die Bundespartei in Berlin behauptet wie immer in solchen Fällen, man halte sich raus; Koalitionen seien Sache der Landesverbände. Und tatsächlich würde sich Böhrnsen wohl nicht gerne reinreden lassen - schon gar nicht mit dem ordentlichen Ergebnis im Rücken, das vor allem seiner persönlichen Popularität geschuldet ist. Trotzdem macht man sich in Berlin natürlich Gedanken.

Zwei Schulen haben sich bei der SPD herauskristallisiert. Die eine, zu der vor allem linke Politiker zählen, die der Großen Koalition eigentlich schon überdrüssig waren, bevor sie richtig zu arbeiten begonnen hatte, könnte sich vorstellen, dem ungeliebten Partner im Bund via Bremen mal die Waffen zu zeigen.

Das würde bedeuten, die SPD koaliert mit den Grünen und wertet dies als ein Signal für die Renaissance dieses nach sieben Jahren im Bund weithin in Ungnade gefallenen Bündnisses. Was derartige Wirkungen angeht, sollte man Bremen nicht unterschätzen.

1979 schaffte eine grüne Liste hier erstmals den Einzug in ein deutsches Parlament, vier Jahre später saßen die Grünen im Bundestag. Ein Argument für Rot-Grün wäre auch, dass die SPD den einstigen Lieblingspartner nach dem Nein Wowereits nicht ein zweites Mal vor den Kopf stoßen und damit die Bereitschaft fördern sollte, sich weiter der Union zu öffnen.

Sympathien für Koalition mit der Linkspartei

Die zweite Schule, zu der in der Mehrheit die Parteispitze und die Regierungspolitiker gehören, sieht diese Taktik mit Zurückhaltung. Hier wird argumentiert, ein rot-grünes Bündnis könne für Berlin zu früh zu viel Unruhe schaffen, insbesondere weil auch eine Debatte um einen möglichen dritten Partner wohl nicht lange auf sich warten ließe.

Vor allem an der Basis und im Mittelbau gibt es durchaus Sympathien dafür, auf mittlere Sicht die Linkspartei ins Boot zu holen. Die jüngste Mitgliederbefragung zum Grundsatzprogramm hat unübersehbar ergeben, dass die SPD-Basis linker tickt als ihre Repräsentanten in Berlin.

Manche Haltung, zum Beispiel das mehrheitliche Nein gegen jedwede Art von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, ist praktisch deckungsgleich mit den Ansichten in der Lafontaine-Partei.

Knechtschaft der SPD

In der Union dürfte man dem Treiben gelassener zusehen. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel würde jedwede Konstellation faktisch nichts ändern, zumal auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nicht entscheidend betroffen wären.

Das - im bundesweiten Vergleich gesehen - schwache Bremer CDU-Ergebnis legt nun allenfalls die Frage nahe, ob es der Partei auf lange Sicht guttut, sich in die Knechtschaft unter der in Bremen traditionell starken SPD zu begeben - oder ob nicht aus der Opposition heraus irgendwann einmal wieder ein besseres Ergebnis zu holen sein könnte. Wie in der SPD gilt jedoch auch in der CDU: Das sollen die Bremer selbst entscheiden.

© SZ vom 14. Mai 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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