Koalition:Asylpaket-Streit beendet

Kompromiss nach dem Krach: Minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung sollen ihre Familien demnach doch nachholen können - aber nur in "Härtefällen".

Von Jan Bielicki

Nach tagelangem Ringen haben Union und SPD ihren Streit über das Recht minderjähriger Flüchtlinge, ihre Eltern nach Deutschland nachzuholen, beigelegt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) verständigten sich am Donnerstag darauf, das bereits vor einer Woche vom Bundeskabinett beschlossene Asylpaket II nicht mehr anzutasten. Es soll nach dem Willen der Koalitionsspitzen unverändert den Bundestag passieren.

Damit wird die neue Regel, die den Familiennachzug bei Flüchtlingen mit nur eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre aussetzt, weiter auch für Minderjährige gelten. Grundsätzlich sollen also auch Flüchtlinge im Kindes- und Jugendalter, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nur diesen "subsidiären" Status gewährt, ihre Eltern frühestens nach Ablauf dieser zwei Jahre nach Deutschland holen dürfen. Darauf hatten die CDU und vor allem die CSU bestanden.

Allerdings betont der nun von de Maizière und Maas vorgelegte Kompromiss auch die Möglichkeit, in Härtefällen den sofortigen Nachzug der Eltern zu diesen jungen Flüchtlingen zu erlauben. "Bei dringenden humanitären Gründen" soll über diese Einzelfälle künftig das SPD-geführte Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem vom CDU-Mann de Maizière geleiteten Innenministerium entscheiden. Außerdem sollen Familienangehörige von sogenannten subsidiär Geschützten bei einer möglichen Aufnahme von Flüchtlingskontingenten aus den Nachbarstaaten Syriens in die Europäische Union bevorrechtigt zum Zuge kommen.

Bislang trifft die Regel allerdings relativ wenige junge Menschen: Hätte sie schon damals gegolten, wäre sie 2014 auf nur 214 und im Jahr 2015 auf lediglich 105 bislang bekannte Fälle anwendbar gewesen.

Die Betonung der Härtefallregel war wiederum der SPD wichtig. Deren Parteichef Sigmar Gabriel hatte den neuen Streit über das - auch von ihm selbst im Kabinett bereits gebilligte - Gesetzespaket am vergangenen Sonntag begonnen. Zuvor war bekannt geworden, dass darin nicht, wie von der SPD gewünscht, vorgesehen war, Minderjährige von der Aussetzung des Familiennachzug auszunehmen. Das SPD-geführte Familienministerium räumte anschließend ein, die Tragweite der Kabinettsvorlage nicht richtig eingeschätzt zu haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Einigung über das Asylpaket II, "auf das wir uns heute in der Koalition hoffentlich zum letzten Mal geeinigt haben". Die CDU-Chefin warf den Sozialdemokraten am Donnerstagabend vor, Entscheidungen in der Flüchtlingsdebatte verlangsamt zu haben. "Wir haben Monate verloren, auch wegen rot-grün in Rheinland-Pfalz", sagte Merkel. Darüber hinaus forderte sie die SPD dazu auf, die Liste der sicheren Herkunftsländer rasch auszuweiten. Justizminister Maas sprach am Donnerstag von einer "vernünftigen Lösung". Beim linken Flügel der SPD stieß der Kompromiss auf weniger Wohlwollen. "Das einzig Gute daran ist, dass jetzt der Streit in der Bundesregierung beendet ist", sagte Parteivizechef Ralf Stegner der Berliner Zeitung. Die CSU dagegen sieht sich durch den Kompromiss bestätigt. "Die CSU hat sich durchgesetzt", sagte deren Generalsekretär Andreas Scheuer.

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