Klimaschutz:Nachzügler

Europa kann auch schnell - wenn es denn muss.

Von Michael Bauchmüller

Über Europa, diesen schwerfälligen, uneinigen Koloss, lässt sich immer gut maulen. Flüchtlinge, Euro-Rettung, Wirtschaftspolitik - in den großen Fragen ist es mit den Gemeinsamkeiten oft nicht weit her. Nur beim Klimaschutz geht es zur Abwechslung mal ganz schnell und unbürokratisch. Die EU ratifiziert, entgegen allen sonstigen Gepflogenheiten, den Pariser Klimavertrag vorzeitig. Sie handelt damit noch schneller als die meisten ihrer Mitgliedsstaaten; die EU-Umweltminister haben am Freitag den Weg dafür frei gemacht, ausnahmsweise. Beim Handelsabkommen Ceta würde derlei Forschheit einen Aufschrei provozieren, beim Klima geht es. Immerhin das.

Was weniger schön ist: Möglich wurde das nur durch äußeren Druck. Nur weil die USA und China voranpreschten und das Abkommen in rasendem Tempo ratifizierten, sahen sich die Europäer zur Eile genötigt. Wenn die Vertragsstaaten bald über die weiteren Geschicke des neuen Weltklimavertrags beraten, will die EU nicht vor der Tür sitzen.

So enthüllt die Fähigkeit zum schnellen Handeln zugleich die ganze Malaise europäischer Klimapolitik: Die EU geht nicht mehr voran, sie hechelt hinterher. Bald werden die Staaten aushandeln müssen, wer in Europa wie viel zum gemeinsamen Ziel Klimaschutz beiträgt. Schon im Kreis der Umweltminister hat sich angedeutet, worum es dann geht: Jeder sieht die Last beim andern. Das klingt dann doch wieder sehr vertraut.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: