Kleiderordnung im Bundestag:Ärger am Hals

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Für die einen ist es das "überflüssigste Kleidungsstück der Welt", für die anderen geht es um nichts weniger als die Würde des Bundestags: Zwei Abgeordnete dürfen nicht als Schriftführer neben dem Bundestagspräsidenten sitzen - weil sie keine Krawatte tragen.

Im Bundestag gibt es heftige Diskussionen um die Kleiderordnung: Man streitet sich um einen schmalen Streifen Stoff. Insbesondere ein Unionspolitiker fühlt sich auf den Schlips getreten.

Nicht ohne ihre Krawatte: Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (CDU, Mitte) zusammen mit Schriftführerin Agnes Alpers (Linke) und dem Bundestagsabgeordneten Markus Grübel (CDU). (Foto: dpa)

Linken-Politiker Andrej Hunko und Sven-Christian Kindler von den Grünen hätten am Donnerstag als Schriftführer neben dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) Platz nehmen sollen, um turnusgemäß Anträge und Wortmeldungen entgegenzunehmen, Schriftstücke zu verlesen und die Rednerlisten zu führen. Sie durften es nicht - weil sie keine Krawatte trugen. Eine "völlig absurde" Strafmaßnahme, schimpfte Andrej Hunko.

Ausgelöst hatte den Konflikt der Obmann der Schriftführer, Jens Koeppen. Der CDU-Politiker hatte darauf bestanden, dass in dieser Funktion zwingend "eine Krawatte oder dem Entsprechendes" umzulegen sei. Nur so werde die Würde des Hauses angemessen gewahrt.

Die beiden widerspenstigen Parlamentarier argumentierten, davon stehe nichts in der Geschäftsordnung des Bundestags. Weißes Hemd und Jackett reichten, meinte Schlips-Verweigerer Kindler. Und fragte sich, ob die Blümchenkrawatten anderer Koalitionsabgeordneter die Würde des Hauses heben würden.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck drückte in einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert sein "Unverständnis" über den Vorgang aus. Aus Solidarität erschien ein anderer Schriftführer der Linken, Alexander Süßmair, am Donnerstag ausnahmsweise auch ohne Krawatte - und wurde prompt abgelöst.

"Aus dem überflüssigsten Kleidungsstück der Welt hat die Mehrheit des Ältestenrats eine Prinzipienfrage gemacht", empörte sich Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann. Die SPD zeigte dagegen Verständnis für den strengen Dresscode im Plenarsaal. "Wer im Präsidium sitzt, sollte nicht in Freizeitkleidung erscheinen", meinte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Würde man einen modischen Berater zu Rate ziehen, wäre die Sache schnell klar. "Ein Mann muss keine Krawatte tragen, um elegant auszusehen", hat Giorgio Armani einmal gesagt. "Sie ist ein dekoratives Detail, mehr nicht."

© sueddeutsche.de/dpa/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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