Klar-Porträt:Vom Bürgersohn zum RAF-Hardliner

Der inzwischen 54-jährige Christian Klar kam in Baden als Sohn eines Lehrer-Ehepaares zur Welt - und radikalisierte sich in den Siebzigerjahren zu den führenden Köpfen zweiten RAF-Generation.

Der am 20. Mai 1952 in Freiburg im Breisgau geborene Christian Georg Alfred Klar stammt aus bürgerlichem Haus. Seine Mutter war Gymnasiallehrerin und sein Vater Vizepräsident des Oberschulamtes Karlsruhe. Klar besuchte unter anderem das Eichendorff-Gymnasium in Ettlingen bei Karlsruhe, wo er 1972 sein Abitur ablegte.

Danach studierte er Geschichte und Philosophie in Heidelberg. 1973 zog Klar zusammen mit den späteren Terroristen Adelheid Schulz und Günter Sonnenberg in eine Wohngemeinschaft nach Karlsruhe. Später zog auch Knut Folkerts dort ein. In der RAF zählte das Quartett wegen der schwarzwaldnahen Herkunft zur so genannten Förstergruppe.

Klar wurde 1974 durch den Hungerstreik von RAF-Gefangenen wie Holger Meins endgültig radikalisiert. Wenige Tage vor dessen Tod beteiligte sich Klar im Oktober 1974 an der Besetzung des Hamburger Büros von Amnesty International, um auf die "Vernichtungshaft" und "Sonderbehandlung" der Häftlinge aufmerksam zu machen. Mit dabei waren unter anderen die späteren RAF-Terroristen Sonnenberg, Klar, Folkerts, Schulz, Lutz Taufer, Volker Speitel und Monika Helbing.

1976 ging Klar schließlich in den Untergrund und beteiligte sich als Hardliner an den Mordanschlägen der RAF im Jahr 1977. Ab 1979 wurde mit einem Haftbefehl nach ihm gefahndet. Klar wurde dann am 16. November 1982 in einem Wald bei Hamburg verhaftet, wo sich ein Waffendepot der RAF befand.

Im April 1985 wurde Klar vom OLG Stuttgart wegen aller RAF-Attentate des Jahres 1977 und wegen des Angriffs auf den US-General Frederik Kroesen zu sechs Mal lebenslänglich und 15 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht legte ihm insgesamt neunfachen gemeinschaftlichen Mord und elffachen Mordversuch zur Last. 1992 kam in einem weiteren Prozess ein zusätzliches Lebenslang hinzu. Klars Beteiligung an dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegried Buback und dessen beide Begleiter im April 1977 gilt als gesichert, weil ihn mehrere Zeugen im Fluchtfahrzeug erkannten.

Nach seiner Verurteilung kam Klar seinem ehrenamtlichen Betreuer Rolf Becker zufolge in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal für sieben Jahre zunächst in Einzelhaft. Dem Gefängnisalltag habe sich der einstige Terrorist lange verweigert.

Kein klares Wort des Bedauerns

Erst nach Jahren begann er laut Becker, in der Wäscherei zu arbeiten, und sich am Sport und gemeinsamen Hofgang zu beteiligen. Er habe begonnen, sich auf ein anderes Leben vorzubereiten. Er wolle arbeitsfähig bleiben und nach der Freilassung nicht von einer sozialen Einrichtung oder dem Staat ernährt werden.

Ein klares öffentliches Wort des Bedauerns oder der Distanzierung von seinen Taten kam von Klar bislang nicht. In einem TV-Interview im November 2001 sagte Klar, dass Schuldbewusstsein und Reuegefühle für ihn "vor dem Hintergrund von unserem Kampf keine Begriffe" seien: "Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere die Gefühle, aber ich mache sie mir nicht zu Eigen. Das sitzt zu tief drin, dass gerade hier in den reichen Ländern zu viele Menschenleben nichts zählen".

Im vergangenen Februar wurde dann die Debatte um Klars Gnadenwürdigkeit durch eine kapitalismuskritische Grußbotschaft angeheizt, die Klar für eine linksgerichtete Konferenz in Berlin verfasst hatte. Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) verweigerte deshalb die von Klar beantragten Haftlockerungen und lässt derzeit ein Gutachten, wonach von Klar keine Gefahr mehr ausgeht, durch ein Gegengutachten überprüfen.

Hafterleichterungen zur Vorbereitung auf seine Freilassung nach dann 26 Jahren hinter Gittern soll Klar frühestens im Januar 2008 erhalten.

Nachdem Bundespräsident Horst Köhler Klars Gnadengesuch am 7. Mai 2007 ablehnte, wird Klar mindestens bis zum 3. Januar 2009 im Gefängnis sitzen. An diesem Tag wäre Siegfried Buback 89 Jahre alt geworden.

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