Kitas:Erzieheroffensive

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Kind ist nicht gleich Kind, zumindest in Fragen staatlicher Zuschüsse für Familien in der EU. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Nach dem Rechtsanspruch auf Kita-Plätze wurden jede Menge Betreuungsstätten geschaffen. Bei dieser Quantität blieb die Qualität oft auf der Strecke. Das soll sich jetzt ändern.

Von Ulrike Heidenreich, München

Auf den ersten Blick wirkt es so, als sei das Pferd von hinten aufgezäumt worden: Da werden in einem beispiellosen Kraftakt an allen Ecken und Enden Deutschlands neue Kindertagesstätten eingerichtet. Aber erst wenn sie eröffnet sind, macht man sich Gedanken, wie es da drinnen wohl ausschauen könnte. Dass die Qualitätsoffensive für Kitas nun langsam Formen annimmt, lässt sich aber durchaus pragmatisch betrachten: Erst durch die Schaffung der neuen Kitas ist genügend Druck entstanden für eine Diskussion darüber, wie Kinder am besten und sinnvollsten betreut werden könnten. Am Dienstag haben sich Bund und Länder in Berlin auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt.

Mehr Erzieher, mehr Plätze, mehr Sprachförderung - und vor allem: mehr Geld. All dies ist nötig, um die Versprechen zu erfüllen, die nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz für Kinder unter drei Jahren seit dem 1. August 2013 gemacht wurden. Die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter betreut werden, hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, auf 720 000. Bei dieser Quantität bleibe die Qualität oft auf der Strecke, warnen nicht nur Erzieherinnen und Bildungsexperten. Auch Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) betont: "Eltern wünschen sich einen Kita-Platz, aber der soll auch gut sein."

Bis zum Frühjahr sollen Eckpunkte für ein Qualitätsentwicklungsgesetz erarbeitet werden, kündigte die Ministerin an. Als Schwerpunkte benennt ein Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Frühe Bildung" unter anderem ein "angemessenes" Verhältnis zwischen Fachpersonal und der Zahl der zu betreuenden Kinder. Als Orientierungsrahmen gilt hier: Bei unter Dreijährigen soll sich eine Erzieherin um drei bis vier Kinder kümmern, bei Kindergartenkindern über drei Jahren könnte der Personalschlüssel eins zu neun betragen. Dieser unterscheidet sich zurzeit stark von Bundesland zu Bundesland. Weshalb es anders als zunächst geplant laut des nun vorgestellten Zwischenberichts keine einheitlichen Ziele geben soll. Dafür hätten sich Bund und Länder auf einen "Instrumentenkasten mit verschiedenen Qualitätselementen" geeinigt, betont Schwesig. Die den Ländern jeweils zugeteilte Summe solle sich an der Anzahl der betreuten Kinder orientieren, dies sei die gerechteste Lösung.

Auf 9,5 Milliarden Euro schätzt Schwesigs Ministerium die Gesamtkosten für die Qualitätsinitiative. Die SPD-Politikerin setzt sich dafür ein, dass der Bund 2018 zusätzlich eine Milliarde Euro für die Kinderbetreuung übernimmt und diesen Beitrag in einem Stufenplan auf jährlich fünf Milliarden Euro erhöht. Das Deutsche Kinderhilfswerk hatte zusammen mit 15 Verbänden und Nichtregierungsorganisationen im Vorfeld die Einführung bundeseinheitlicher Qualitätsstandards für Kindertageseinrichtungen gefordert. Die Kommunen begrüßten die vereinbarte Qualitätsoffensive. Die Spitzen des Städtetags, Landkreistags und Städte- und Gemeindebunds forderten vor allem eines: konkrete Zusagen zur Höhe der finanziellen Mittel.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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