Kirgistan:Eine Insel in Zentralasien

Die von Autokratien umgebene ehemalige Sowjetrepublik setzt ihren Weg in Richtung einer parlamentarischen Demokratie fort. Die Sozialdemokraten können ihre Regierung jetzt fortsetzen.

Von Julian Hans, Moskau

Kirgisistan setzt seinen Kurs zu einer parlamentarischen Demokratie fort. In der früheren Sowjetrepublik, die in Zentralasien von autoritären Regimes umgeben ist, gingen am Sonntag 60 Prozent der 2,7 Millionen Stimmberechtigten zur Wahl. Um die 120 Sitze in der Schogorku Kenesch konkurrierten 14 Parteien. Sieger wurden die regierenden Sozialdemokraten mit 27 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung am Montag in Bischkek mitteilte. Zweitstärkste Kraft wurde die nationalkonservative Partei Ata-Schurt (Vaterland) mit etwa 21 Prozent. Vier weitere Parteien schafften den Einzug ins Parlament.

Seit der Unabhängigkeit 1991 haben die Kirgisen zweimal ihr Staatsoberhaupt wegen Korruption und Vetternwirtschaft gestürzt; bei der sogenannten Tulpenrevolution 2005 und beim Umsturz im April 2010. Danach änderten sie die Verfassung des Landes von einem Präsidialsystem zu einem parlamentarischen.

Mehr als jeder Dritte in dem Land zwischen China, Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan lebt laut der Weltbank in Armut. Nachdem Kirgisistan über Jahre Handelstor für chinesische Waren zum postsowjetischen Raum war, hatten sich die Grenzen mit der Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion geschlossen. Im August ist Kirgisistan nun selbst dem von Russland geführten Bündnis beigetreten, um wieder Anschluss an diese Märkte zu finden. Viele Kirgisen sehen eine engere Bindung an Russland als einzigen Weg, um nicht ganz unter den Einfluss Chinas zu geraten. Damit verbunden ist aber auch eine Entfremdung mit dem Westen.

Auf russischen Druck hin mussten die USA im vergangenen Jahr ihren Militärstützpunkt Manas räumen, von dem aus die Amerikaner ihre Truppen in Afghanistan versorgt hatten. Das kirgisische Parlament brachte nach dem russischen Vorbild Gesetze auf den Weg, die das Werben für gleichgeschlechtliche Liebe unter Strafe stellen und Nichtregierungsorganisationen, die finanzielle Mittel aus dem Ausland erhalten, als "Agenten" diffamieren sollen.

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