Kirchentag:Selbstgenügsamkeit genügt nicht

Warum der Katholikentag eine Veranstaltung der leeren Hallen war.

Von Matthias Drobinski

Katholikentage waren einmal dezidiert politische Veranstaltungen: Die katholischen Bürger setzten ein Zeichen in der Welt, in der sie lebten. Deshalb geht, was in Leipzig geschah, ans Eingemachte des Treffens: Ob die Arbeitsministerin auftrat, der Innenminister oder gar der Bundespräsident - die Hallen waren leer. Das liegt nicht einfach am doofen Besucher; der sich nicht mehr für Politik interessiert. Es liegt auch daran, dass die Laienkatholiken den politischen Teil ihres Treffens entpolitisiert haben.

Es fehlte auf den Podien, wer den Konsens des gemäßigt aufgeklärt katholischen hätte stören können. Es fehlte, auch diesseits der AfD, jede Kritik an der Haltung der Kirchen in der Flüchtlingsdebatte. Es fehlte der dezidierte TTIP-Befürworter, der stramme Atheist, der strenge Muslim, der Islamkritiker. Man wolle keine Krawall-Debatten, hieß es bei den Katholikentagsmachern. Das ist ja ehrenwert. In Leipzig aber wirkte es, als würde die besorgte Kindergartentante den Kleinen sagen: Da gucken wir aber jetzt mal nicht hin. Dass dann die Leute lieber ins Konzert gehen, statt das Erwartbare noch einmal zu hören, kann man verstehen.

Ja, es ist wichtig, die eigene Position zu bekräftigen und die Engagierten in den Gemeinden zu stärken. Es ist aber genauso wichtig, sich mal der verunsichernden Wirkung des Gegenarguments auszusetzen. Selbstgenügsam im eigenen Milieu zu bleiben ist kein Zeichen für die Welt.

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