Kirchen:Sorry - im Namen Gottes

Evangelische und katholische Kirche vergeben einander anlässlich des Gedenkens an 500 Jahre Reformation. In einem fast hundert Seiten langen Text werden gegenseitige Verurteilungen, Herabsetzungen und Gewalttaten aufgelistet.

Von Matthias Drobinski

Sie sagen Entschuldigung für die Beschimpfungen und die Gewalt im Namen Gottes: Die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland bitten einander offiziell um Vergebung für die gegenseitigen Verurteilungen, Herabsetzungen und Gewalttaten gegen den jeweils anderen seit der Reformationszeit. Das Gedenken an 500 Jahre Reformation und an die Veröffentlichung der Ablass-Thesen Martin Luthers in Wittenberg am 31. Oktober 1517 wollen sie gemeinsam als "Christusfest" im Geist der Versöhnung feiern. Das bekräftigten Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und evangelische Landesbischof in Bayern, und Reinhard Marx, der Münchner Kardinal und Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz. Die beiden stellten in München das gemeinsame Wort "Erinnerung heilen - Christus bezeugen" zum Reformationsjubiläum vor.

"Der Blick in die Geschichte legt offen, was Christen einander an Leid und Verletzungen angetan haben", heißt es in der Erklärung, "das erschüttert und beschämt uns." Der Blick zurück könne aber auch "heilsam sein, wenn wir ihn in Dankbarkeit für die heute gewonnene Verbundenheit und in der Perspektive von Versöhnung wagen". Der knapp hundert Seiten lange Text benennt besonders die gegenseitigen Lehrverurteilungen und die Konfessionskriege, "die sich wegen ihrer Grausamkeit und Dauer unauslöschlich ins Menschheitsgedächtnis eingebrannt haben". Er geht aber auch auf die bis heute bestehenden Differenzen zum Beispiel beim Abendmahl- und Kirchenverständnis ein und beklagt, dass die Christen einander nicht gut genug kennen: "Auch Gleichgültigkeit oder gar Selbstgenügsamkeit können verletzen", heißt es in dem Text.

Am 11. März 2017, dem Tag vor dem zweiten Fastensonntag, wollen EKD und Bischofskonferenz einen zentralen ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim abhalten. Sie rufen die Gemeinden auf, an diesem Tag ähnliche gemeinsame Buß- und Versöhnungsgottesdienste zu feiern. Das Jubiläum sei eine Chance, die Ökumene voranzutreiben, sagte Bedford-Strohm. Ziel sei nicht die Wiedervereinigung der Kirchen, sondern eine "versöhnte Verschiedenheit".

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