Kirchen:Mehr Einnahmen, weniger Mitglieder

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Evangelische Landeskirchen und katholische Bistümer rechnen mit einem Rekord bei der Kirchensteuer.

Von MATTHiAS DROBINSKI, München

Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt, die Kirchensteuer-Einnahmen aber steigen in den evangelischen Landeskirchen sowie den katholischen Bistümern und Erzbistümern. So erwartet das katholische Erzbistum Köln, dass der Vorjahresbetrag von 589 Millionen Euro um 2,5 bis drei Prozent steigt, teilte Finanzchef Hermann Josef Schon am Donnerstag mit. Auch andere Bistümer und Landeskirchen hatten in den vergangenen Tagen ähnliche Prognosen gemeldet. Das Bistum Münster teilte mit, dass es für 2016 noch einmal ein Plus von zwei Prozent bei den Kirchensteuereinnahmen erwarte, die dann bei fast 470 Millionen Euro liegen werden. Die evangelischen Landeskirchen in Bayern, Württemberg und Norddeutschland planen ebenfalls mit Rekordeinnahmen. So rechnet die bayerische Landeskirche für 2016 mit 732 Millionen Euro Kirchensteuern, 20 Millionen mehr als 2015.

Der Grund für die teils unerwartet hohen Einnahmen sind die gute Konjunktur und die vergleichsweise geringe Arbeitslosigkeit in Deutschland. Weil die Kirchensteuer an die Lohn- und Einkommensteuer gekoppelt ist, bedeuten hohe Steuereinnahmen für den Staat auch hohe Kirchensteuererträge. Seit fünf Jahren steigen diese bundesweit, 2014 auf 5,08 Milliarden Euro (evangelische Landeskirchen) beziehungsweise 5,68 Milliarden Euro (katholische Kirche) - und das, obwohl die katholische Kirche durch Austritte und den demografischen Wandel 230 000 Gläubige verlor, die evangelische gar 410 000.

Langfristig allerdings erwarten die Finanzverantwortlichen, dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer zurückgehen. Der demografische Wandel lasse die Erträge schrumpfen, sagte Kölns Finanzdirektor Schon; dauerhaft sei nicht damit zu rechnen, dass die gute Konjunktur den Mitgliederrückgang ausgleiche, meinte auch Martin Kastrup, der Finanzdezernent der evangelischen Kirche in Württemberg. Schon jetzt arbeiten kleinere Kirchen wie die Evangelische Kirche in Kurhessen-Waldeck an Sparprogrammen. Dort sollen bis zum Jahr 2026 insgesamt 25 Prozent Kosten eingespart werden. Der größte Anteil der Kirchensteuereinnahmen geht in die Seelsorge, gefolgt von Baumaßnahmen. Angesichts der guten Finanzlage wurden auch die Etats für die Flüchtlingshilfe aufgestockt, in der evangelischen Kirche Württemberg zum Beispiel auf zehn Millionen Euro.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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