Kirche:Euer Vater auf Erden

In Rom bekennt sich ein prominenter Priester zu seinen Kindern - ein Schlaglicht auf ein verschwiegenes Thema.

Von Matthias Drobinski

Oscar Turrion sollte sich schämen - nicht, weil er sich verliebt und zwei Kinder gezeugt hat, als katholischer Priester und Chef der Priesterausbildung jener konservativen "Legionäre Christi", die es mit der Sexualmoral der anderen ziemlich genau nehmen, deren Gründer aber ein übler Sexualtäter war. Nein, Vater Turrion soll sich nicht schämen, weil er sein Zölibatsgelübde gebrochen hat. Er soll es tun, weil er so viele Jahre gebraucht hat, um endlich offen Ja zu sagen zu Frau und Kindern.

Die Offenbarung des Seminar-Rektors in Rom ist ja nur ein spektakulärer unter den vielen unspektakulären Fällen, in denen ein katholischer Priester Vater wird; sie haben ein ganzes Genre von Literatur und Stammtischwitzen hervorgebracht. Für die Betroffenen, vor allem die Frauen und Kinder, ist die Sache aber wenig witzig. Sie leben oft in einem krank machenden System aus Leugnungen, Heimlichkeiten und Verdächtigungen - und wissen, dass Offenheit das Ende des väterlichen Priesterberufs bedeuten würde.

So lange die katholische Kirche am Pflichtzölibat festhält, muss gelten, was Papst Franziskus gesagt hat: "Wenn ein Priester ein Kind zeugt, hat er die moralische Pflicht, sein Amt ruhen zu lassen und sich um das Wohl des Kindes und der Mutter zu kümmern." Oscar Turrion soll das nun tun. Und nicht nur vom guten Vater im Himmel erzählen, sondern auch ein guter Vater auf Erden sein.

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