Kippa-Urteil:Zu milde

Das Gericht schöpft die volle Wucht aus, mit der im Jugendstrafrecht verurteilt werden darf. Das Urteil irritiert dennoch.

Von Thorsten Schmitz

Die Bilder von antisemitischen Überfällen häufen sich, jedes Mal ist es ein unerträglicher Anblick. Die Bilder von diesem Überfall, zu dem jetzt in unüblicher Eile ein Gerichtsurteil ergangen ist, waren einfach nur noch krass. Ein junger Mann peitscht mit einem Gürtel einen anderen jungen Mann aus, der eine Kippa trägt. Der Täter, ein 19 Jahre alter Syrer, hat in seiner Vernehmung wenig überzeugend argumentiert, der Angegriffene Israeli habe ihn provoziert. Man kennt die Strategie aus anderen Gerichtsprozessen: Das Opfer trage Mitschuld.

Mit dem jetzt gefällten Urteil - vier Wochen Arrest - schöpft das Gericht die volle Wucht aus, mit der im Jugendstrafrecht ein bislang unbescholtener 19-Jähriger verurteilt werden kann. Dennoch irritiert das Urteil auch, weil es milde klingt. Das Opfer leidet bis heute unter dem Angriff. Er fühle sich nicht mehr sicher, hat der junge Mann aus Israel vor Gericht ausgesagt. Es gibt wohl nichts Schlimmeres, als in Unsicherheit zu leben.

Hätte ein härteres Urteil eine andere Botschaft ausgesendet? Das Urteil mag milde sein, zu milde, aber es spricht eine klare Sprache: Wer sich antisemitisch betätigt, ist nicht Teil der Gesellschaft. Es zeigt: In Deutschland regiert Recht, nicht Willkür. Zu wünschen wäre, dass alle antisemitischen Vorfälle so schnell geahndet würden.

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