Kinderwunsch:"Enormer Leidensdruck"

Die Koalition streitet, ob künftig auch unverheiratete Paare ein Recht auf staatliche Zuschüsse für eine Kinderwunschbehandlung haben. Die Union warnt davor - auch wegen psychischer Belastungen für die Frauen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In der Koalition herrscht Uneinigkeit darüber, ob neben verheirateten Paaren künftig auch unverheiratete Anspruch auf staatliche Zahlungen für eine Kinderwunschbehandlung bekommen sollen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will das durchsetzen, sie hält es nicht mehr für zeitgemäß, unverheiratete Paare mit unerfülltem Kinderwunsch anders zu behandeln als Eheleute. Aus der Union kommen dagegen skeptische Töne.

Der familienpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Marcus Weinberg warnte am Donnerstag davor, künstliche Befruchtung und Kinderwunschbehandlung auch bei ledigen Paaren staatlich mitzufinanzieren. Dies könne für falsche Anreize sorgen. Eine Kinderwunschbehandlung gehe gerade für Frauen mit "enormem Leidensdruck" einher, teilweise träten "psychosoziale Notlagen" auf, sagte Weinberg der Süddeutschen Zeitung. "Ohne zusätzliche Gelder für psychosoziale Betreuung gibt es von uns keine Zustimmung." Die Union habe auch grundsätzliche Bedenken. Die Ehe genieße den besonderen Schutz des Staates und finanzielle Privilegien, die für andere Paare nicht gelten. Zudem müsse man das Kindeswohl im Auge behalten. "Wenn der Staat Gelder für eine Kinderwunschbehandlung gibt, muss er bestmögliche Bedingungen fordern."

Jedes Kind sei gleich viel wert, sagt die Familienministerin - ob in eine Ehe geboren oder nicht

Der CSU-Politiker und Vorsitzende des Familienausschusses, Paul Lehrieder, äußerte sich zurückhaltender. "Ich habe mir noch kein abschließendes Bild gemacht", sagte er der SZ. Einerseits ließen sich staatliche Zuwendungen für einen Behandlung "in einer Ehe mit einem gefestigten Beziehungsrahmen für das Kind" eher rechtfertigen als in anderen Partnerschaften. Er wolle sich aber auch die Argumente der Familienministerin anhören, die erklärt hatte jedes Kind sei gleich viel wert.

"Ich finde es ungerecht, dass Paare, die sich Kinder wünschen, für eine notwendige medizinische Behandlung selbst bezahlen müssen", hatte Schwesig der Welt gesagt. Gerade Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen bräuchten mehr Unterstützung. Der Bund bezuschusst seit 2012 die ersten vier Versuche einer künstlichen Befruchtung. Dadurch sinkt der Eigenanteil, den die Paare tragen müssen, um rund 25 Prozent. Voraussetzung ist, dass sich das jeweilige Bundesland mit einem ebenso hohen Anteil beteiligt. Das ist bisher nur in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen der Fall. Zudem müssen die Paare verheiratet sein. Schwesig will diese Leistung nun auch Paaren ohne Trauschein zukommen lassen.

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