Kiel:SPD drückt aufs Tempo, Union kritisiert Dänen-Partei

Der von Rot-Grün als Mehrheitsbeschaffer umworbene Südschleswigsche Wählerverband (SSW) sieht sich unterdessen zunehmender Kritik aus der CDU ausgesetzt.

Die Union forderte am Dienstag erneut, statt einer vom SSW geduldeten rot-grünen Minderheitsregierung eine große Koalition zu bilden. Die CDU war bei der Wahl am Sonntag überraschend stärkste Partei geworden, hatte aber eine Mehrheit mit der FDP hauchdünn verfehlt.

Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) stellte bei der ersten Kabinettssitzung nach ihrer Wahlschlappe klar, sie werde ihr Amt nicht für ein Bündnis mit der CDU aufgeben.

CDU-Chefin Angela Merkel kritisiert das scharf. Sie appellierte an die Politiker in Schleswig-Holstein, "dass das gemacht wird, was von jedem Politiker erwartet wird: Erst das Land, dann die Partei und dann die eigene Person".

Das solle sich auch Simonis "hinter die Ohren schreiben", sagte Merkel. Der Spitzenkandidat der Nord-Union, Peter Harry Carstensen, erneuerte seinen Anspruch auf das Amt des Regierungschefs.

In der nächsten Woche will sich der 57-Jährige zunächst zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Kieler Landtag wählen lassen. In der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am 17. März wolle er Ministerpräsident werden.

"Simonis muss nicht zurücktreten, sie ist abgewählt", betonte Carstensen, der weiterhin auf eine große Koalition unter CDU-Führung setzt. Er habe darüber bereits mit SPD-Landeschef Claus Möller gesprochen, sagte Carstensen, ohne Details nennen zu wollen.

Ungeachtet der Kritik führte die Nord-SPD mit dem SSW erste Gespräche über eine Zusammenarbeit. "Ich hatte das Gefühl, dass wir uns heute darauf einigen konnten: Wir vertrauen uns", sagte Simonis. Der SSW - die Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit - könnte Rot-Grün im Kieler Landtag die Regierung sichern. Der SSW ist bereit, eine Minderheitsregierung zu tolerieren.

Die CDU-Spitze in Berlin warnte den von der Fünf-Prozent-Klausel befreiten SSW vor der Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung. Dies würde das Verhältnis zwischen der Bevölkerungsminderheit und der Mehrheit im Norden belasten, mahnte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Bundestag, Norbert Röttgen.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff bekräftigte in der Nordwest-Zeitung: "Der SSW besitzt Privilegien, die er nicht benutzen sollte, den Wählerwillen umzukehren."

Der Präsident des schleswig-holsteinischen Landtags, Heinz-Werner Arens (SPD), betonte, SSW-Abgeordnete hätten ein vollwertiges Mandat. Es entbehre "jeder verfassungsrechtlichen Grundlage" zu spekulieren, der SSW habe wegen seiner Sonderstellung weniger politisches Gewicht.

Sprecher der deutschen Minderheit in Dänemark warnten vor jeder äußeren Einmischung in die Regierungsbildung in Schleswig-Holstein. SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk bekräftigte ihre Bereitschaft, auch mit der CDU zu verhandeln: "Wir haben schon eine Einladung von der CDU. Solche Gespräche werden wir natürlich auch führen."

Simonis betonte nach dem Gespräch mit dem SSW: "Das sind keine Koalitionsverhandlungen gewesen, sondern wir haben sondiert, wo und wie wir zusammenarbeiten können." Die SPD verwies auf Gemeinsamkeiten in Schul-, Energie- und Sozialpolitik.

Die Grünen in Schleswig-Holstein gehen davon aus, dass es zu einer Fortsetzung der rot-grünen Koalition gemeinsam mit dem SSW kommen wird.

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