Kerry in Moskau:USA und Russland suchen nach Gemeinsamkeiten

Kerry in Moskau: Am Wochenende hat Putin noch auf die USA geschimpft. Beim Empfang von Kerry hat er auch ein Lächeln übrig.

Am Wochenende hat Putin noch auf die USA geschimpft. Beim Empfang von Kerry hat er auch ein Lächeln übrig.

(Foto: AFP)
  • Zum ersten Mal seit Beginn der Ukraine-Krise ist der amerikanische Außenminister Kerry nach Russland gereist.
  • Er traf auf seinen russischen Amtskollegen Lawrow und Präsident Putin, die daran erinnerten, dass Konflikte wie in Syrien nur durch Zusammenarbeit eingedämmt werden können.
  • Russland hat ein Interesse an der Wiederherstellung der Beziehung - verbittet sich jedoch jegliche Kritik Am Vorgehen in der Ukraine.

Von Julian Hans, Moskau

Mit einer Mischung aus Werben und Drohen versucht die russische Führung, das wegen des Ukraine-Konflikts gestörte Verhältnis zu westlichen Staaten wiederzubeleben. Nachdem Präsident Wladimir Putin Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch zum 70. Jahrestag des Kriegsendes am Sonntag die Kosten der Sanktionen vorgerechnet hat, erinnerten Putin und Außenminister Sergej Lawrow den US-Außenamtschef John Kerry am Dienstag daran, dass ohne die Zusammenarbeit von Russland und den USA die Konflikte in Syrien, Iran, Jemen und in der Ukraine nicht eingedämmt werden können.

Kerry ist zum ersten Mal seit Beginn der Ukraine-Krise nach Russland gereist, zuletzt hatte er Moskau im Mai 2013 besucht. Zum Aufwärmen trafen sich beide Seiten nicht in der russischen Hauptstadt, sondern in Sotschi am Schwarzen Meer. Kerry sprach zunächst mit Lawrow, danach wurden die Gespräche mit Putin fortgesetzt. Ein Sprecher von Putin lobte die Verhandlungen als konstruktiv und freundschaftlich, auch Kerry teilte über Twitter mit, die Diskussionen seien offen gewesen. Bei dem Treffen stellte der US-Chefdiplomat die Aufhebung der Sanktionen in Aussicht. Voraussetzung sei das Einhalten der Waffenruhe in der Ostukraine, sagte Kerry nach den mehrstündigen Beratungen. Beide Seiten sprachen sich für eine Annäherung ihrer Länder aus. Washington hatte die Kontakte nach Moskau wegen der russischen Annexion der Krim zunächst auf Eis gelegt. Nun setzen die US-Diplomaten auf eine Mischung aus Isolation und punktueller Zusammenarbeit in Fragen, die die Interessen beider Länder berühren. Es gehe darum, betonte das US-Außenministerium, "den Dialog darüber zu führen, wo unsere Standpunkte übereinstimmen und wo nicht".

Das russische Außenministerium seinerseits macht Washington allein für die "schwierigen Zeiten" im Verhältnis beider Staaten verantwortlich. So hätten die USA "ohne Grund die Verantwortung für den Konflikt in der Ukraine Russland zugeschoben, den sie in vielem selbst provoziert" hätten.

Russland verbittet sich jegliche Kritik

Ein Anknüpfungspunkt für die Gespräche ist der andauernde Bürgerkrieg in Syrien. Beide Staaten fürchten, Rückkehrer könnten in ihrer Heimat in Russland oder den Vereinigten Staaten Terroranschläge verüben. Eine Konferenz zum Dialog zwischen dem Assad-Regime und der gemäßigten syrischen Opposition, die Kerry bei seinem Besuch 2013 mit Putin vereinbart hatte, war indes ohne Ergebnis geblieben. Moskau hat seitdem mehrmals versucht, die verfeindeten Parteien zu Kompromissen zu bewegen - ebenfalls ohne Erfolg. Moskau wünscht sich zwar eine Wiederherstellung der Beziehungen, betont aber stets, dass diese nur "gleichberechtigt und auf Augenhöhe" unterhalten werden könnten. Damit verbittet sich Russland jegliche Kritik am Vorgehen gegen die Ukraine. Eine Rückkehr zum Business as usual nach der Krim-Annexion und dem Krieg im Donbass ist aber für Washington sowie für Berlin und Brüssel nicht akzeptabel. Nun wird austariert, wie viel Gemeinsamkeit möglich ist.

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