Kerry bei Friedensverhandlungen:Siedlungsbau erschwert Nahost-Gespräche

U.S. Secretary of State Kerry meets with Israel's PM Netanyahu in Jerusalem

US-Außenminister Kerry ist nach Israel gereist. Nach einem Treffen mit Israels Präsident Netanjahu trifft er auch Palästinenserpräsident Abbas.

(Foto: REUTERS)

US-Außenminister Kerry gibt sich in Israel zuversichtlich. Doch der Friedensprozess im Nahen Osten stockt: Während Israels Präsident Netanjahu den Palästinensern vorwirft, "künstliche Krisen" zu provozieren, drohen Palästinenservertreter damit, die Gespräche wegen des Siedlungsbaus nicht fortzusetzen.

Bei einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu den Palästinensern vorgeworfen, im Nahost-Friedensprozess "künstliche Krisen" zu schaffen. Er sei deshalb "besorgt um den Fortschritt der Verhandlungen", sagte Netanjahu.

Die Gespräche über einen Palästinenserstaat und einen Friedensvertrag stecken Medienberichten zufolge in einer schweren Krise. Die Verhandlungen waren am Vortag sogar in lautstarkem Streit zwischen beiden Delegationen geendet, berichtet die israelische Zeitung Haaretz und beruft sich dabei auf beteiligte Vertreter der Palästinenser.

Grund für die Auseinandersetzungen ist der israelische Siedlungsbau. Nach Berichten aus dem Innern der Verhandlungsräume seien die Palästinenser verärgert über die Ankündigung Israels gewesen, weitere Siedlungen zu bauen und kritisierten vor allem den Zeitpunkt dieser Nachricht: Am Mittwoch vergangener Woche hatte Israel 26 palästinensische Häftlinge im Westjordanland und im Gazastreifen freigelassen, aber gleichzeitig neue Siedlungsprojekte verkündet.

Netanjahu hofft auf Kerrys Hilfe

Netanjahu wies die Vorwürfe zurück: Die israelische Seite halte sich "gewissenhaft" an die von den USA Ende Juli vermittelte Vereinbarung zur Wiederaufnahme der Verhandlungen, sagte er. Darin ist die schrittweise Freilassung von 104 palästinensischen Gefangenen, aber kein Baustopp für jüdische Siedlungen in den Palästinensergebieten vorgesehen. Netanjahu äußerte die Hoffnung, dass Kerrys Besuch die Palästinenser zurück auf den Weg des angestrebten "historischen Friedens" bringen werde.

Kerry ist derzeit im Rahmen neuer Friedensgespräche zwischen Israel und Palästinensern vor Ort. Nach dem Treffen mit Netanjahu in Jerusalem will er auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Bethlehem und mit Israels Präsidenten Schimon Peres sprechen.

Die Gespräche scheinen nach der Eskalation am Dienstagabend jedoch kaum erfolgsversprechend. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP hatten die Palästinenser sogar eine Fortsetzung von Friedensverhandlungen mit Israel abgelehnt, sofern der Bau jüdischer Siedlungen nicht sofort eingestellt wird. Die Nachrichtenagentur Reuters hingegen zitiert einen Sprecher von Palästinenserpräsident Abbas, Nabil Abu Rdeineh. Er verurteilte den israelischen Siedlungsbau, sagte aber, dass die Palästinenser an den Verhandlungen festhielten.

Kerry äußerte sich am Mittwoch "sehr zuversichtlich", dass die "Schwierigkeiten und Spannungen" überwunden werden könnten. Beide Seiten müssten "guten Willens" und zu "wirklichen Kompromissen" bereit sein. Vor Kerrys Besuch hatten sich Berichte über einen eigenen Entwurf für ein Friedensabkommen gehäuft. Diesen Entwurf könnten die USA im Januar vorstellen, sollten die direkten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien bis dahin keine entscheidenden Fortschritte machen. Bei dem Treffen Kerrys mit Netanjahu in Jerusalem standen auch die anstehenden Atomgespräche mit dem Iran auf dem Programm.

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