Kaukasus-Konflikt:Status: unlösbar

Die Genfer Georgien-Konferenz führt nach der Blitzanerkennung Südossetiens durch Russland zu nichts.

Cathrin Kahlweit

Über Geld redet es sich leichter als über Schuld - und über die Folgen eines Krieges. Daher wird die nächste Konferenz zu Georgien, die schon am 22. Oktober in Brüssel stattfinden soll und auf der die EU möglichst hohe Finanzhilfen für das Kaukasus-Land sammeln will, mutmaßlich mehr Ergebnisse bringen als das gerade abgebrochene Treffen in Genf.

Kaukasus-Konflikt: Die russischen Panzer haben Südossetien inzwischen wieder verlassen. Doch sie haben dort Fakten geschaffen, die kaum mehr zu ändern sind.

Die russischen Panzer haben Südossetien inzwischen wieder verlassen. Doch sie haben dort Fakten geschaffen, die kaum mehr zu ändern sind.

(Foto: Foto: dpa)

Dort bemühten sich am Mittwoch Experten von EU, OSZE und UN, ein Gespräch über die drängendsten Probleme zwischen Nachkriegs-Georgien, der selbsternannten Republik Südossetien und Russland zustande zu bringen.

Der Versuch war ehrenwert - aber von vornherein zum Misserfolg verurteilt. Jedes Gespräch wird früher oder später an der Statusfrage scheitern, denn was bitteschön gibt es zu bereden, da doch Russland Fakten geschaffen und aus abtrünnigen Provinzen kurzerhand staatliche Territorien gemacht hat?

Der Westen hat sich verbal zu weit aus dem Fenster gelehnt

Georgien will nicht mit Leuten ins Geschäft kommen, die es als Separatisten betrachtet. Mit der Abspaltung wird es sich nicht abfinden. Umgekehrt wollen die Russen nur gemeinsam mit den Südosseten an den Tisch. Moskau betrachtet Südossetien und Abchasien als eigenständige Völkerrechtssubjekte - auch wenn es damit fast allein steht.

Und der Westen hat sich, zumindest verbal, weit aus dem Fenster gehängt. Kanzlerin Merkel sagte, die Anerkennung der Republiken durch Moskau sei "nicht akzeptabel". Die EU ließ wissen, man halte an der territorialen Integrität Georgiens fest. George W. Bush sprach von einer "unverantwortlichen Entscheidung".

Tatsache ist, dass derzeit niemand einen Weg weiß, die beiden Landstriche aus der Umklammerung Moskaus herauszuwinden - es sei denn mittels eines Krieges. Den aber waren schon im August weder die Nato noch die USA alleine bereit zu führen. Jetzt, da Russland seine Ansprüche im Kaukasus mehr als deutlich gemacht hat, wird eine militärische Option gar nicht erst erwogen.

Schon vor dem Sommerkrieg waren die Beziehungen zwischen Abchasien, Südossetien und dem georgischen Mutterland denkbar schlecht gewesen. Mit dem Einmarsch von mehr als 7000 russischen Soldaten ist die Statusfrage der beiden Provinzen von Moskau realpolitisch entschieden worden. Es wird sicher noch viele Jahre dauern, bis sich auch Tiflis damit abfindet, sein Staatsgebiet auf "Kerngeorgien" reduziert zu sehen, wie es neuerdings im diplomatischen Sprachgebrauch heißt.

Daher werden die Nachfolge-Konferenzen zu Genf, so es sie überhaupt geben wird, noch eine Zeitlang die Frage des Status von Südossetien und Abchasien behandeln - oder den Kern des Problems umgehen. Die Pragmatiker in EU und OSZE werden sich derweil Details der Nachkriegsordnung zuwenden, etwa der Rückführung von Vertriebenen.

"Kerngeorgien" könne in Gottes Namen Teil der Nato werden

Darauf setzt Moskau - und schickt schon einmal Experten vor, die eine dem Kreml genehme Nachkriegsordnung strategisch vorbereiten: Ein Wissenschaftler eines renommierten russischen Forschungsinstituts sagte voraus, die Nato werde alles dafür tun, um Georgien nicht aufnehmen zu müssen.

Die beste Lösung sei, wenn Georgien und der Westen Südossetien und Abchasien anerkennten, dann könne Georgien "in seinen neuen Grenzen" in Gottes Namen auch Mitglied der Nato werden. Denn dann, so Moskaus Logik, gebe es nichts mehr, um das es sich zu streiten lohnte. So weit wird es vorerst nicht kommen; aber die Russen wissen sich in einer sehr starken Position.

Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Außenminister, hatte im Juli bei seiner Reise nach Georgien den Konflikt, der lange als erstarrt galt, entschärfen wollen. Er trug damals einen Drei-Stufen-Plan bei sich, der erst ganz zuletzt eine Debatte über den Status der beiden abtrünnigen Provinzen vorsah. Bekanntlich kam Steinmeier zu spät. Nun ist der Konflikt neuerlich eingefroren - mit alten Fronten, aber neuen Grenzen.

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