Kaukasus-Konflikt:Berlin will Beobachter nach Georgien entsenden

Deutschland will ein Fünftel der geplanten EU-Beobachter für die Kaukasusregion stellen. Derweil geht Georgien in Den Haag gegen Russland vor.

Nach der militärischen Niederlage gegen Russland im Kaukasus-Konflikt setzt Georgien jetzt voll auf die internationale Justiz. Die Regierung in Tiflis habe dem Haager Strafgerichtshof jüngst Hunderte Seiten Beweismaterial für russische Verbrechen in der Region übergeben, sagte Georgiens Vize-Justizministerin Tina Burjaliani der Süddeutschen Zeitung - "und wir haben noch viel mehr".

Kaukasus-Konflikt: Die Spuren des Kaukasuskonfliktes sind noch frisch.

Die Spuren des Kaukasuskonfliktes sind noch frisch.

(Foto: Foto: dpa)

Bestimmte Tatverdächtige auf russischer Seite seien aber noch nicht ausgemacht. Beim ersten Beweispaket für das Strafgericht handelt es sich um jenes Material, mit dem Georgien parallel auch vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag gegen Russland vorgeht.

Beide Haager Gerichte sind voneinander unabhängig. Während das Strafgericht bestimmte Verdächtige wegen Kriegsverbrechen verfolgt, urteilt der IGH, ein Organ der Vereinten Nationen, bei Streitigkeiten zwischen Staaten.

Am Mittwoch endete die dreitägige Anhörung des IGH zur aktuellen Lage im Kaukasus. Georgien fordert in einem Eilverfahren, dass russische Sicherheitskräfte ihre "ethnischen Säuberungen" gegen Georgier in den umkämpften Provinzen Südossetien und Abchasien unterlassen.

"Wir brauchen vom IGH dringend Hilfe, damit diese Säuberungen aufhören", sagte Burjaliani. Die Vize-Ministerin hat ihr Land in dieser Woche vor dem IGH vertreten. Sie hat geltend gemacht, dass Russland und von Moskau kontrollierte Separatisten seit dem Beginn der neunziger Jahre die Georgisch-stämmigen aus den georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien vertreiben und Rückkehrwillige an der Heimkehr hindern.

Burjaliani sagte, der Fall sei schon sehr lange in Vorbereitung gewesen; der Krieg zwischen beiden Ländern im August dieses Jahres habe nun den letzten Ausschlag gegeben. Fraglich ist auch, ob eine einstweilige Verfügung aus Den Haag das Leben der georgischen Minderheit in Südossetien und Abchasien wirklich erleichtern würde. "Das wird vom Verhalten der Russen abhängen", sagt Burjaliani, "wir respektieren das Gericht und hoffen, dass die Russen es auch tun."

Die Vertreter Russlands haben vor Gericht erklärt, dass der IGH für diesen Streit nicht zuständig sei, und sie bestritten, dass Russland Georgier misshandelt, eingeschüchtert oder vertrieben habe. Allerdings widerlegten die russischen Anwälte nicht detailliert die von Georgien vorgelegten "Beweise" für Verbrechen, darunter Zeugenaussagen, Satellitenbilder und Zeitungsartikel.

Georgien etwa brachte den Bericht eines Guardian-Reporters ein, der wochenlang im Krisengebiet unterwegs gewesen war und eine "Kampagne des Tötens, Niederbrennens, Stehlens, Entführens" gegen Georgier in Südossetien beschrieben hatte. Auch Russland legte einen Guardian-Artikel vor, um sich zu entlasten, in dem es heißt, die Schuld liege bei den USA und nicht bei Russland. Dabei handelte es sich allerdings bloß um einen Meinungsbeitrag.

Burjaliani wollte nicht ausschließen, dass Georgien weitere Klagen gegen Russland einreichen werde - zum Beispiel gegen die Tatsache, dass Moskau die Provinzen Südossetien und Abchasien als unabhängig anerkannt hat und dort seine militärische Präsenz ausbaut.

Streit über EU-Beobachter

Zwischen der Europäischen Union und der russischen Regierung herrscht Uneinigkeit über das Einsatzgebiet der EU-Beobachtermission in Georgien. Nachdem der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch den Einsatz außerhalb des georgischen Kerngebiets ausgeschlossen hatte, sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana, die Beobachter sollten auch in die abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien entsandt werden. Zugleich räumte Solana ein, dies sei mit Russland nicht abgesprochen.

Deutschland will ein Fünftel des Personals der geplanten EU-Beobachtertruppe stellen. Das kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwochabend an. Die EU und Russland hatten vereinbart, dass im Südkaukasuskonflikt bis zum 1. Oktober 200 Beobachter in die Krisenregion geschickt werden.

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