Katalanischer Separatistenführer:Über den Fall Puigdemont sollte der Europäische Gerichtshof entscheiden

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Die Richter in Schleswig wenden ein erbärmlich schlechtes deutsches Gesetz an, um über Carles Puigdemonts Auslieferung zu entscheiden. Rechtlich ist unklar, was sie überhaupt prüfen müssen.

Kommentar von Heribert Prantl

Der Generalstaatsanwalt in Schleswig hat, wie es ihm rechtlich obliegt, beim Oberlandesgericht die Prüfung beantragt, ob die Auslieferung von Carles Puigdemont nach Spanien zulässig ist. So weit, so gut, so klar. Ab diesem Zeitpunkt beginnen die Unklarheiten.

Das liegt nicht nur an Spanien und dem dort ausgestellten schludrigen Haftbefehl gegen Puigdemont. Das liegt auch und vor allem an einem erbärmlich schlechten deutschen Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Dieses Gesetz müssen die Richter in Schleswig anwenden; sie können einem leidtun.

Auf der nach oben offenen Skala desaströser Gesetzgebung liegt dieses Gesetz weit oben. Wer eine Kostprobe dieser desaströsen Unklarheiten haben möchte, der lese einmal Paragraf 81 Nr. 4 IRG, in dem es um die "Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung" geht. Es ist und bleibt danach unklar, ob ein Vergleich der spanischen Rechtslage mit der deutschen Rechtslage geboten ist. Es ist und bleibt unklar, ob die Puigdemont zur Last gelegte Tat nur nach spanischem oder auch nach deutschem Recht strafbar sein muss.

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Nun entscheidet das Oberlandesgericht Schleswig. Der katalanische Separatist geht juristisch gegen den Antrag vor. In Spanien droht ihm eine lange Haftstrafe.

Ein Fall von grundsätzlicher europäischer Bedeutung

Es ist also unklar, was die deutschen Richter in so einem Fall überhaupt prüfen sollen. Das verstößt gegen den Grundsatz der Normenklarheit. Wer es nicht glaubt, dem sei folgender Satz des Gesetzes zitiert: Die beiderseitige Strafbarkeit sei "nicht zu prüfen, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/Jl des Rats vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/Jl (ABl. L 81 vom 27. 3. 2009, S.24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist." Nach der Lektüre der bezeichneten Stellen ist man freilich auch nicht wesentlich schlauer.

Das Oberlandesgericht Schleswig sollte den Europäischen Gerichtshof anrufen. Es sollte dort im Vorabentscheidungsverfahren geklärt werden, ob und wie die Justiz in Deutschland an die spanische Beurteilung des Sachverhaltes gebunden ist. Es handelt sich um einen Fall von grundsätzlicher europäischer Bedeutung.

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