Karrieren:Nicht ohne meinen Selmayr

Kommissionschef Jean-Claude Juncker droht im Streit um den Posten des Generalsekretärs mit Rücktritt. Derweil darf Premierministerin Theresa May einen Erfolg verbuchen.

Von Daniel Brössler, Thomas Kirchner und Alexander Mühlauer

Jean-Claude Juncker mag viele Talente haben, ein Diplomat ist der Präsident der EU-Kommission nicht. Die Affäre um die umstrittene Blitz-Beförderung seines früheren Kabinettschefs Martin Selmayr zum Generalsekretär seiner Behörde hat Juncker nun selbst neu angeheizt - mit einer überraschenden Rücktrittsdrohung. "Wenn er (Selmayr) gehen muss, gehe ich auch", soll er bei einem Treffen von Europas Christdemokraten vor dem Gipfel in Brüssel gesagt haben, aus Ärger über mangelnden Rückhalt. Von der Kommission kommt weder eine Bestätigung noch ein Dementi. Juncker selbst sieht seine Drohung als rein hypothetisch an: "Selmayr wird nicht zurücktreten", sagte er, "denn ich bin der Einzige, der ihn dazu auffordern kann."

Das wird im EU-Parlament, das 130 Fragen zu Selmayr an die Kommission geschickt hat, wohl anders gesehen. Es gebe einfach zu viele Deutsche auf wichtigen Posten, heißt es in Brüssel allerorten. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte Selmayr: "Ich schätze seine Arbeit sehr." Sie habe aber nicht den Eindruck, dass er nur das tue, was Deutschland passe. Die Effizienz seiner Arbeit begrüße sie. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, es gehe "immer um die Professionalität des Betroffenen". Die Polemik in der Debatte brächten die Umstände der Ernennung mit sich. Es sei nun wichtig, dass das Europäische Parlament die richtigen Schlussfolgerungen ziehe, wenn alle Tatsachen auf dem Tisch lägen.

Auch in den Brexit-Verhandlungen spielt Selmayr eine wichtige Rolle, doch die britische Premierministerin Theresa May hat andere Sorgen. Bis zum Austritt Großbritanniens Ende März 2019 bleibt nicht mehr viel Zeit. Für May ist deshalb wichtig, dass die Staats- und Regierungschefs am Freitag einer Übergangsphase bis Ende 2020 zustimmen, in der alle EU-Regeln für Großbritannien weiter gelten. "Das schafft Sicherheit für Menschen und Unternehmen", lobt sie. Die 27er-EU beschließt überdies Leitlinien für Verhandlungen über das künftige Verhältnis zur EU. May kann zufrieden sein.

Das lässt sich von Emmanuel Macron nicht unbedingt behaupten. Seit seinem Amtsantritt wartet er auf eine Antwort aus Berlin, um die Euro-Zone zu reformieren. Doch nach dem Euro-Gipfel am Freitag muss er feststellen: "Wir kennen unsere gegenseitigen Zwänge." Nun, die kannte man auch schon vorher. Im Dezember hatte Merkel angekündigt, dass Paris und Berlin ihre Haltungen "bis März zusammenbringen werden". Doch daraus wurde nichts. Man werde nun an einem "gemeinsamen Fahrplan bis Juni" arbeiten, verspricht Macron. Oder wie die Kanzlerin sagt: Man habe "letzte Woche begonnen zu arbeiten".

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