Karlspreis-Verleihung:Schäuble als "großer Europäer" geehrt

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Ein "deutscher und europäischer Patriot": Bundesfinanzminister Schäuble erhält in Aachen eine der wichtigsten Auszeichnungen Europas. In seiner Rede fordert er eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten der EU.

Bundesminister Wolfgang Schäuble ist im Aachener Dom mit dem Karlspreis geehrt worden. Das Karlspreis-Direktorium ehrte den CDU-Politiker als "großen Europäer". Schäuble sprach sich bei der Preisverleihung für ein gestärktes Europa aus und forderte eine Direktwahl für den Kommissionspräsidenten.

Schäuble ist am Donnerstag in Aachen mit dem Internationalen Karlspreis ausgezeichnet worden. (Foto: dapd)

Schäuble nahm den renommierten Preis im historischen Krönungssaal des Aachener Rathauses aus der Hand von Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) entgegen. Philipp sagte vor rund 850 Gästen, Schäuble habe über Jahrzehnte "an wichtigen Schaltstellen" europäische Geschichte mitgeschrieben.

Der Bundesfinanzminister habe sich historische Verdienste um die Überwindung der deutschen und europäischen Teilung erworben, heißt es in der Begründung des Gremiums. Der 69-Jährige zähle zu den wenigen noch aktiven Politikern auf europäischer Ebene, die die entscheidenden Integrationsschritte in Europa seit den 1980ern begleitet hätten, urteilte das Direktorium. Bei der Stabilisierung des Euro spiele er eine entscheidende Rolle.

In seiner Dankesrede warb Schäuble für eine Entwicklung Europas hin zu einer politischen Union und sprach sich für einen direkt gewählten europäischen Präsidenten aus: "Die politische Einheit Europas muss ein Gesicht bekommen und dieses Gesicht muss eine legitime Macht repräsentieren.Das wäre dann die politische Spitze einer europäischen Exekutive, zu der die Kommission weiterentwickelt werden sollte."

Zudem forderte er den Einsatz eines Vize-Präsidenten mit größerem Verantwortungsbereich. "Wir müssen jetzt eine politische Union schaffen.", sagte Schäuble mit Blick auf die Finanzkrise. Die Europäer müssten sich verständigen, wie sie die Institutionen stärken und demokratisieren könnten, "und was wir Europa an Zuständigkeiten anvertrauen wollen." Das Europäische Parlament benötige dringend ein Initiativrecht, die bisherigen Institutionen müssten gestärkt werden.

Schäuble verteidigte die Entscheidung, beim Fiskalpakt für eine straffere Haushaltsdisziplin auch außerhalb des EU-Vertrages mit zwischenstaatlichen Abkommen voranzuschreiten. "Besser in kleinen pragmatischen Schritten vorwärts als prinzipientreu fest eingemauert stehen zu bleiben", sagte er. Zugleich forderte der CDU-Politiker mittelfristig aber neue EU-Vertragsänderungen. Spätestens in fünf Jahren müsse ohnehin der EU-Fiskalpakt in den Lissabon-Vertrag überführt werden. "Bis dahin sollten wir uns im Klaren sein, in welche Richtung wir Europa weiterbauen", sagte er.

"Wolfgang Schäuble ist ein deutscher Patriot und auch ein europäischer Patriot", sagte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker in seiner Laudatio. "Führen in Europa ist nicht gleichzusetzen mit Diktat und mit Befehl. Führung kann man nur beanspruchen, wenn man gemeinsam mit anderen führen möchte. Man führt nicht für sich selbst, man führt für andere." Dieses Prinzip habe Schäuble verstanden.

Mit dem Internationalen Karlspreis zeichnet die Stadt Aachen jedes Jahr Persönlichkeiten aus, die sich besonders um Europa verdient gemacht haben. Seit 1950 wird er in Form einer Urkunde und einer Medaille verliehen. Die Auszeichnung war bis 2007 mit 5.000 Euro dotiert, seither fließt das Preisgeld in den Europäischen Karlspreis der Jugend. Wer den Karlspreis bekommt, entscheidet ein Aachener Bürgergremium. Er wird traditionell an Christi Himmelfahrt im Krönungssaal des Aachener Rathauses vergeben.

Namensgeber für den Preis ist Karl der Große, der als erster Einiger Europas gilt. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (2008), der ehemalige US-Präsident Bill Clinton (2000) und der frühere britische Premierminister Tony Blair (1999).

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