Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich zurück:Eine Entschuldigung, die wie eine Drohung klingt

Guttenbergs Plagiatsaffäre ist beendet - zumindest aus juristischer Sicht. Nun geht es dem früheren Verteidigungsminister darum, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Acht Monate nach seinem Rücktritt spricht Guttenberg von "ungeheuerlichen Fehlern" beim Verfassen seiner Doktorarbeit und schließt nicht aus, dass er wieder nach politischen Ämtern strebt. Eindeutig ist er in seinem Urteil über die CSU.

Roland Preuß, Tanjev Schultz und Stefan Braun

Horst Seehofer versuchte es am Mittwoch noch einmal mit der Umarmungsstrategie. "Er gehört zu uns, wir wollen ihn", sagte der bayerische Ministerpräsident nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hof, das Verfahren gegen Karl-Theodor zu Guttenberg einzustellen. Der frühere Minister gehöre "zu unserer politischen Familie" und sei "willkommen".

Neues Buch: Guttenberg haelt sich fuer 'vorerst gescheitert'

Der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) äussert sich in einem neuen Buch zu seinem Absturz nach der sogenannten Plagiats-Affäre.

(Foto: dapd)

Dann grinste Seehofer gönnerhaft - und vergaß nicht zu erwähnen, die CSU habe auch andere starke Figuren. Die Botschaft: Komm zurück, aber spiele nicht wieder den politischen Heilsbringer. So erträumt sich das Seehofer.

In einem an diesem Donnerstag erscheinenden Interview zeigt Guttenberg aber, wie wenig er von diesem Traum und auch von Seehofer hält. Die CSU sei wie andere Parteien "von einer Infektion befallen", es hätten sich in seiner Partei "schon viele Spinnweben gebildet", sagt Guttenberg in dem Interview mit der Zeit. Es ist eine Fundamentalkritik an seiner Partei und ihrer Führung. Guttenberg fühlt sich immer noch dazu berufen, große politische Ansagen zu machen.

In dem Gespräch äußert sich Guttenberg erstmals seit seinem Rücktritt Anfang März ausführlich zur Affäre um seine Doktorarbeit, zu seiner Zukunft und seiner Partei. Es gebe "heute keine Volksparteien mehr", diagnostiziert er, seine Parteifreunde hätten nicht verstanden, dass sie bei der Bevölkerung "keine dauerhafte Bindekraft mehr haben".

Doch damit lässt es der frühere Verteidigungsminister nicht bewenden. Guttenberg kokettiert sogar damit, einer anderen Partei beizutreten. Er sei "zurzeit" Mitglied einer Partei, sagt der 39-Jährige spitz. Auf die Nachfrage, warum er dies so formuliere, lässt Guttenberg seine Zukunft bewusst offen: "Dabei möchte ich es bewenden lassen. Nicht jede Betonung muss bereits eine Drohung sein." Anschließend philosophiert er munter darüber, unter welchen Bedingungen eine neue Partei Erfolg haben könnte.

Vage bleibt Guttenberg bei der Frage, die seine Anhänger am meisten bewegt: Wann kehrt er auf die politische Bühne zurück? Er beteuert, er bleibe ein politischer Mensch, werde aber "vielleicht" ein Angebot aus der Wirtschaft annehmen. Er kehre nach Deutschland zurück, einen Termin dafür nennt er indes nicht. "Ich schließe nichts aus", nicht einmal eine Rückkehr zur Bundestagswahl 2013. Giovanni di Lorenzo, der Guttenberg für die Zeit und für ein Interview-Buch befragte, stellt fest: "Sie halten sich alles offen." Darauf Guttenberg: "Ja."

Einen Weg hat sich Guttenberg nun verbaut

Einen Weg hat sich Guttenberg mit diesem Interview allerdings verbaut: die Geschichte seiner missglückten Doktorarbeit im Abstand von ein paar Monaten neu zu bewerten. Den Vorwurf, er habe absichtlich getäuscht, weist er immer noch vehement zurück. Stattdessen erzählt er lang und breit jene Geschichte, die ihm nicht nur die Uni Bayreuth nicht abgenommen hat: dass er einfach überfordert gewesen sei und eine chaotische Arbeitsweise gehabt habe. Die Rede ist von mindestens 80 Datenträgern und vier Computern, auf denen er ständig irgendwelche Texte und Notizen gesammelt habe. "Wenn ich geschickt hätte täuschen wollen, hätte ich es vermieden, Textstellen so plump und so töricht in diese Arbeit zu übernehmen, dass sie sich für jeden betroffenen Autor sofort erschließen", beteuert Guttenberg. Er spricht von einem "ungeheuerlichen Fehler, den ich auch von Herzen bedauere".

Heikle Personalie in Berlin

Die Universität Bayreuth, an der Guttenberg promoviert hatte, entzog dem Politiker im Februar den Doktortitel. Sie kam, gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten, außerdem zu dem Urteil, dass sich Art und Ausmaß der Plagiate nur durch eine Täuschungsabsicht erklären ließen. Die Professoren sprachen von einer geschickten "Montage-Technik". Guttenberg hatte gegen Ende seiner Promotionsphase auch Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags in seine Arbeit kopiert. All dies könne Guttenberg nicht unbewusst und aus einem bloßen Versehen in die Arbeit gerutscht sein - es sei denn, so der ironische Kommentar im Schlussbericht der Universität, Guttenberg sei in einen Zustand der "Dauervergesslichkeit" geraten.

In dem Interview spricht Guttenberg zwar nun von einer "Patchworkarbeit" und von einem "Blödsinn", den er verfasst habe. Doch er weist weiterhin den Begriff des "Plagiats" zurück, denn er habe ja nicht einfach das ganze Buch eines anderen abgeschrieben. Tatsächlich hatte sich Guttenberg bei vielen verschiedenen Autoren bedient - auch das freilich bezeichnet man als Plagiat. Den Spekulationen, ein Ghostwriter könnte seine Doktorarbeit erstellt haben, erteilt Guttenberg eine klare Absage. Auf die Frage, ob er auch unter Eid und vor Gott sagen würde, dass niemand die Arbeit für ihn verfasst habe, antwortet er: "Ja, selbstverständlich."

In Berliner Koalitionskreisen bleibt Guttenberg eine heikle Personalie. Nach dessen deftiger Kritik an Angela Merkels Führungsstil auf einer Konferenz in Kanada waren einige sehr verärgert - und hatten den Eindruck, dass sich an Guttenbergs hoher Selbsteinschätzung wenig geändert habe. Das könnte Thomas de Maizière, Guttenbergs Nachfolger als Verteidigungsminister, ähnlich sehen, sobald er das Interview gelesen hat. Am Mittwoch sagte er vieldeutig: Ob Guttenberg wirklich in die Politik zurückkehre, entscheide am Ende allein er selber.

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