Kanzlerkandidatur:Merkel tritt wieder an

Nach elf Jahren im Amt will die Bundeskanzlerin noch einmal kandidieren. Die CSU stellt sich hinter diese Entscheidung - wenn auch mit einigen Vorbehalten.

Von Jan Bielicki, Berlin/München

- Angela Merkel will sich 2017 zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin wählen lassen. Die CDU-Chefin gab am Sonntag bei einer Klausur der Parteispitze ihre lange erwartete Entscheidung bekannt, als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf des nächsten Jahres gehen zu wollen. Wie von Teilnehmern der Runde zu erfahren war, will Merkel sich zunächst Anfang Dezember beim Parteitag der CDU in Essen erneut als Parteivorsitzende bestätigen lassen.

Am Willen der 62-Jährigen, nach elf Jahren im Kanzleramt noch einmal als Spitzenkandidatin anzutreten, hatte zuletzt kaum jemand mehr gezweifelt. Merkel erklärte den CDU-Führungsmitgliedern nach Angaben von Teilnehmern der Klausur, sie habe "Stunden über Stunden darüber nachgedacht". Allerspätestens seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten galt jedoch als sicher, dass die Kanzlerin angesichts des Aufstiegs von Populisten in Europa und in der Welt noch einmal kandidieren werde, auch um damit ein Signal der Stabilität auszusenden. Erst am Freitag hatte sogar Amerikas scheidender Präsident Barack Obama sie kaum verklausuliert aufgefordert, weiter zu machen.

Obwohl ihre Beliebtheitswerte in Umfragen während der Flüchtlingskrise stark gesunken waren, war Merkels erneute Kandidatur unter Christdemokraten kaum umstritten. "Wir haben eine Kanzlerin, und wir wollen auch, dass sie bleibt", sagte Armin Laschet, der Chef der Nordrhein-Westfalen-CDU. "Angela Merkel steht für Stabilität, Verlässlichkeit und Bedachtsamkeit", erklärte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid sprachen sich 92 Prozent der befragten Unions-Anhänger für eine vierte Amtszeit Merkels aus. Unter allen Befragten waren es immerhin 55 Prozent, wie die Zeitung Bild am Sonntag berichtete. Auch die CSU, die sich auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise weit von der Kanzlerin abgesetzt hatte, stellte sich hinter Merkels erneutes Antreten: "Das ist seit heute klar, wer für die Union kandidieren wird", sagte CSU-Chef Horst Seehofer, "an der gemeinsamen Kanzlerkandidatin können Sie nicht ernsthaft zweifeln." Sein parteiinterner Rivale, Bayerns Finanzminister Markus Söder, schränkte jedoch ein: Man begegne Merkels Kandidatur "mit Respekt, aber nicht automatisch mit Euphorie".

Gegen wen genau Merkel sich im Wahlkampf behaupten muss, ist dagegen noch unklar. SPD-Chef Sigmar Gabriel ließ auch am Sonntag offen, ob er selbst die Kanzlerkandidatur seiner Partei übernimmt. Auf die Frage, ob die SPD nun im Zugzwang sei, sagte der Vizekanzler am Rande eines Parteitags der Thüringer SPD in Erfurt: "Das heißt nichts für die SPD." Allerdings wächst der Druck auf Gabriel, die Kandidatenfrage bald zu klären. "Wir benötigen jetzt aber auch Klarheit bei der SPD", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann dem Tagesspiegel.

Sollte es Merkel schaffen, nach der Wahl im Herbst 2017 erneut eine Bundestagsmehrheit hinter sich zu bringen, könnte sie die Rekordhalter im Kanzleramt einholen: Konrad Adenauer war 14, Helmut Kohl 16 Jahre Kanzler.

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