Kanzlerin kündigt Reise an:Merkel macht Klimagipfel zur Chefsache

Bundeskanzlerin Angela Merkel will persönlich zum Klimagipfel nach Kopenhagen reisen - obwohl die Regierung nicht mit einem verbindlichen Abkommen rechnet.

Angesichts der zunehmend düsteren Aussichten für den Weltklimagipfel hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel entschlossen, selbst nach Kopenhagen zu fahren und zumindest ein Minimalergebnis zu retten. Mit einem verbindlichen Abkommen zum Kampf gegen den Klimawandel auf dem Treffen Mitte Dezember rechnet nun aber auch die Bundesregierung nicht mehr, wie Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin sagte.

Angela Merkel, Klimagipfel Kopenhagen; AP

Unbedingter Wille zum Minimalergebnis: Obwohl kein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Prokoll in Sicht ist, will Angela Merkel beim Klimagipfel in Dänemark anwesend sein.

(Foto: Foto: AP)

Die Erfolgschancen für den als historisch gewerteten Klimagipfel waren am Wochenende dramatisch gesunken. US-Präsident Barack Obama und andere Teilnehmer des Apec-Gipfels in Singapur hatten offiziell erklärt, das ursprünglich angestrebte weltweite Klimaabkommen sei in Kopenhagen nicht mehr zu erreichen.

"Das ist wirklich eine Schande"

Steegmans sagte, die Bundesregierung mache keinen Hehl daraus, dass die Ergebnisse der Vorverhandlungen für den Gipfel keine Euphorie auslösten. "Das ist einer der Gründe, warum die Kanzlerin sich entschieden hat, sich aktiv zu beteiligen", sagte der Sprecher. "Die Tatsache, dass sie fährt, sollte man als Bestätigung des Willens nehmen, Kopenhagen zu einem Erfolg zu machen."

Der frühere Bundesumweltminister und neue SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bezeichnete die Verschiebung des geplanten weltweiten Klimaschutzabkommens als "Schande". "Die Umweltminister sind sich einig, die Wissenschaftler sind sich einig", meinte Gabriel. "Es gibt keinen wirklichen Streit - außer ein paar Ölkonzernen, die ihre eigenen Geschäfte bedroht sehen. Dass die Staats- und Regierungschefs nicht den Mumm haben, diese Menschheitsherausforderung anzunehmen, sondern immer nur darüber reden, dass es eine solche Herausforderung gibt, und ansonsten wieder nach Hause fahren, das ist wirklich eine Schande." Gabriel forderte Angela Merkel auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Thema auf der Tagesordnung der Staats- und Regierungschefs bleibe und Europa seine fortschrittlichen Positionen beibehalte.

Hart geht der frühere Umweltminister Jürgen Trittin mit der Bundeskanzlerin ins Gericht: Sie sei maßgeblich mitverantwortlich für das Scheitern des globalen Klimaschutzabkommens. "Merkel hat ein schnelles Vorankommen blockiert", sagte er der Thüringer Allgemeinen.

Verhandlungsrahmen mit klaren Zahlen

Die EU-Kommission appellierte indes an die USA und die großen Schwellenländer, auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen ehrgeizige Klimaschutzziele festzulegen.

Auch wenn die Aushandlung eines rechtlich verbindlichen Klimaschutzabkommens in Kopenhagen nicht mehr zu schaffen sei, müsse ein Verhandlungsrahmen mit klaren Zahlen zur Verminderung der Treibhausgas-Emissionen und zur Finanzierung des Klimaschutzes in Entwicklungsländern festgezurrt werden, erklärte Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde Hansen. Dieser Verhandlungsrahmen müsse dann möglichst schnell in ein rechtlich verbindliches Nachfolge-Abkommen für das Klimaschutzprotokoll von Kyoto überführt werden.

Die EU hat sich bereits dazu verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2020 gegenüber dem Basisjahr 1990 um mindestens 20 Prozent zu vermindern. Die derzeit in den USA und anderen Industriestaaten diskutierten Klimaschutzziele würden nach Berechnungen der Kommission aber zusammen mit den EU-Anstrengungen allenfalls zu einer Reduzierung der Emissionen um 10 bis 17 Prozent gegenüber 1990 führen. Zugleich lehnen große Schwellenländer wie China es ab, sich auf eine Begrenzung der mit ihrem wirtschaftlichen Wachstum verbundenen Zunahme der Emissionen zu verpflichten.

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