Kanzlerin im ZDF-Sommerinterview:Merkel bindet ihr politisches Schicksal an Europa

Die Kanzlerin will die Bundestagswahl 2013 zur Abstimmung über Europa machen. Im ZDF-Interview gibt sich Merkel als große Europäerin und erklärt: "Mein und unser Europa wird eine Stabilitätsunion sein."

Kanzlerin Angela Merkel will die Bundestagswahl 2013 zur Abstimmung über Europa machen und die Union dabei als Spitzenkandidatin anführen. Im kommenden Jahr werde natürlich über die Frage votiert, "wo steht Europa und welche Vorstellungen haben wir von Europa", sagte die CDU-Vorsitzende am Sonntag im ZDF-"Sommerinterview" in Berlin. "Mein und unser Europa der christlich-liberalen Koalition wird eine Stabilitätsunion sein, die sich weltweit behaupten kann."

Bundeskanzlerin Merkel trifft libanesischen Ministerpraesidenten

"Ohne Europa können wir unsere Werte, unsere Vorstellungen, unsere Ideale überhaupt nicht mehr gemeinsam vertreten", so Angela Merkel im ZDF-Sommerinterview.

(Foto: dapd)

Merkel kündigte an im Wahlkampf damit zu werben, "dass wir weiter auf Wohlstandskurs bleiben wollen, dass wir die Herausforderungen - demografischer Wandel, Integration von Migrantinnen und Migranten - entschieden voranbringen müssen." Hier gebe es noch genug Arbeit. "Ich bin ganz optimistisch, dass uns das gelingt."

Die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit bei der bevorstehenden Bundestagsabstimmung über die Milliardenhilfe für Spanien hält Merkel nicht für notwendig. "Wenn ich zur Kanzlerin gewählt wurde, habe ich die Kanzlermehrheit jeweils gehabt. Wenn eigene Mehrheiten notwendig waren, bekomme ich sie, und davon gehe ich aus."

Mehr Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten

Mit Blick auf Milliardenhilfen für Athen erklärte Merkel, sie halte "die Verbindlichkeit von Absprachen für ein hohes Gut". Der Frage, ob Griechenland notfalls aus der Eurozone ausgeschlossen werden müsse, wich Merkel aus. Sie warte den Bericht der Troika ab, erst dann werde sie sagen, "was wir dann machen". Dem Gremium gehören Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds an.

CSU-Chef Horst Seehofer hatte zuvor im ARD-"Sommerinterview" erklärt, Hilfen könne es für ein Land nur geben, wenn dieses sich an die Auflagen halte.

Merkel sprach sich im ZDF erneut langfristig für mehr Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene aus. Europa müsse verbindlicher werden, der europäische Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin sei ein Schritt auf diesem Weg. An bestimmten Stellen sollten den europäischen Institutionen aber noch mehr Möglichkeiten für Sanktionen gegeben werden, falls sich ein Mitgliedstaat nicht an die vereinbarten Regen halte.

Offen ist jedoch die Frage, wer künftig bei der Rettung von Banken haftet, wenn erst die geplante europäische Bankenaufsicht eingeführt ist - der Staat, oder nur die jeweilige Bank? Seehofer plädiert für eine staatliche Haftung, Merkel will sich nicht festlegen. Details dazu seien noch gar nicht besprochen, sagte sie.

Die Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck, der Merkel zu einer Erklärung ihrer Europapolitik aufgefordert hatte, beurteilte die Kanzlerin zurückhaltend. Jeder habe seine Funktion, sie habe die ihre, sagte sie. Europa nehme alle in Beschlag, erklärte Merkel. In den vergangenen Monaten sei mehr passiert als in den vergangenen Jahren zusammen, aber es gebe noch viel zu tun.

Auf die aktuelle Stimmungslage angesprochen sagte Merkel, sie glaube, dass die Deutschen gefasst seien. "Ich glaube nicht, dass sie sorglos sind." Deutschland sei gut durch die Anfänge der Krise gekommen, alle hätten Hand in Hand gearbeitet. Aber natürlich wüssten die Menschen auch, dass man in einer globalen Welt immer Gefahren ausgesetzt sei.

Linktipp: Hier können Sie das Video zum ZDF-Sommerinterview mit der Bundeskanzlerin ansehen.

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