Kanther im CDU-Schwarzgeld-Prozess:Abwegig, rüde, absurd

Am ersten Tag des Untreue-Prozesses vor dem Wiesbadener Landgericht hat Ex-Bundesinnenminister Manfred Kanther stehend und in schneidigem Ton ein 40-minütiges Plädoyer in eigener Sache gehalten. Dabei gestand er, in den 80er Jahren Geld der CDU Hessen in die Schweiz transferiert zu haben. Etwas Strafbares mag der Angeklagte darin nicht sehen.

Kanther räumte zwar den "politischen Fehler" der Millionentransfers ins Ausland ein, strafrechtliche Vorwürfe wies er aber strikt zurück. Stattdessen beklagte der CDU-Mann eine "rüde Kampagne" und "absurde Vorwürfe" gegen sich und seine Familie.

Kanther im CDU-Schwarzgeld-Prozess: Manfred Kanther ist wegen Untreue angeklagt

Manfred Kanther ist wegen Untreue angeklagt

(Foto: Foto: AP)

Das neue Parteiengesetz nach der Flick-Spendenaffäre habe 1983 die Befürchtung aufkommen lassen, dass künftig die Namen von CDU-Spendern "auf dem offenen Markt zerpflückt" würden, rechtfertigte sich Kanther.

Nur deshalb seien die 20,8 Millionen Mark ins Ausland verschoben worden - um der Hessen-CDU zu nützen und nicht zu schaden. "Wir haben keinen Pfennig für uns selbst ausgegeben, sondern das Geld getreulich verdoppelt."

Die Motivation sei 20 Jahre später schwer nachvollziehbar, räumte Kanther ein. Er sei sich damals auch des politischen Risikos bewusst gewesen, doch der politische Auftrag sei ihm dieses Risiko wert gewesen. "Ich habe 30 Jahre für dieses Land gearbeitet und habe nicht vor, irgendeinen unehrhaften Aspekt daran haften zu lassen", sagte Kanther.

Auch wenn der CDU-Vorstand - von 1998 an war Ministerpräsident Roland Koch Parteichef - von der geheimen Kasse nichts gewusst habe, sei der CDU dadurch kein Schaden entstanden und das Geld in Millionenhöhe zurückgeflossen. "Oder, Herr Staatsanwalt, nennen Sie einen Fall, wo wir Wünsche des Landesvorstandes abgewürgt haben", rief Kanther mit erhobenem Zeigefinger Richtung Anklagevertretung.

Damit versuchte der Angeklagte den Hauptvorwurf aus dem 88 Seiten starken Schriftsatz der Staatsanwaltschaft auszuhebeln: Die Ankläger sehen die Untreue darin, dass Kanther und Wittgenstein der Parteiführung ihr Vermögen verheimlicht und damit deren satzungsmäßiges Verfügungsrecht verletzt haben.

So mussten Mitgliederbeiträge erhöht und Kredite geplant werden, obwohl Millionen im Ausland schlummerten. Außerdem hält die Staatsanwaltschaft Kanther, Wittgenstein und dem Geldkofferträger Horst Weyrauch die 21-Millionen-Euro-Strafe vor, zu der die Bundes- CDU wegen der Hessen-Affäre verurteilt wurde.

Dies habe niemand vorhersehen können, antwortete Kanther. Die Rechtsauffassung der Bundestagsverwaltung sei "abwegig".

Neben Kanther, der auch hessischer CDU-Vorsitzender war, sind der frühere hessische CDU-Schatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein und der ehemalige CDU-Finanzberater Horst Weyrauch angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft Kanther und Sayn-Wittgenstein Untreue vor, Weyrauch Beihilfe.

Mit dem Auslandsguthaben wurden fast zwei Jahrzehnte lang Wahlkämpfe und andere Parteiaktivitäten mitfinanziert. Erst Anfang 2000 gestand Kanther dessen Existenz und löste damit einen Skandal aus, der Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) an den Rand des Rücktritts brachte.

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