Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Ehre für Kohl? Oder Ohrfeige für Obama?

Ein Whistleblower, ein ehemaliger US-Präsident und das Oberhaupt eines autoritären Staates - insgesamt 231 Kandidaten dürfen sich Hoffnungen machen, am Freitag den Friedensnobelpreis zu erhalten. Der Kreis der Favoriten ist kleiner. Wer hat die Auszeichnung verdient? Stimmen Sie ab!

Jonas Schaible

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Bradley Manning

Bradley Manning in Haft

Quelle: AFP

Ein Whistleblower, ein ehemaliger US-Präsident und sogar das Oberhaupt eines autoritären Staates - insgesamt 231 Kandidaten dürfen sich Hoffnungen machen, am Freitag den Friedensnobelpreis zu erhalten. Die bekanntesten Kandidaten der Liste, die das Osloer Friedensforschungsinstitut im Vorfeld veröffentlicht hat.

Würde Bradley Manning die Auszeichnung erhalten, es wäre eine Ohrfeige für einen früheren Preisträger: Barack Obama. Manning sitzt seit zwei Jahren in den USA in Untersuchungshaft, weil er als Soldat hunderttausende vertrauliche Dokumente des Militärs an Wikileaks weitergegeben haben soll, darunter das Video "Collateral Murder", das zeigt, wie amerikanische Soldaten Zivilisten erschießen, geheime Dokumente über die Kriege in Afghanistan und im Irak, sowie 250.000 Depeschen amerikanischer Diplomaten. Immer wieder gibt es Berichte, er sei unter unzumutbaren Bedingungen inhaftiert. Für das US-Militär ist er ein Hochverräter - für den Rest der Welt ein Friedensbringer?

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Bill Clinton

Bill Clinton

Quelle: AFP

Ein großer Name im Kreis der Nominierten: Bill Clinton. Seit der 66-Jährige nicht mehr Präsident ist, mischt er sich als Elder Statesman in die Politik ein, vor allem im Kampf gegen AIDS und den Klimawandel. 2004 ernannte ihn der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan (rechts im Bild) zum UN-Sondergesandten für Hilfe und Wiederaufbau nach dem verheerenden Tsunami in Südostasien. 2005 koordinierte die Hilfe nach dem Hurrikan Katrina, der den Südosten der USA verwüstete, später verhandelte er als inoffizieller Gesandter über die Freilassung von zwei in Nordkorea inhaftierten Journalistinnen. Parallel zur UN-Generalversammlung in New York bringt er jedes Jahr einflussreiche Menschen zusammen, um über aktuelle Probleme der Welt zu diskutieren.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Thein Sein

Thein Sein wirft einen Wahlzettel in eine Urne

Quelle: AFP

Jedes Jahr veröffentlicht Kristian Berg Harpviken, der Direktor des vom Nobelkomitee unabhängigen Osloer Friedensforschungsinstituts, seine Tipps für die Auszeichnung. Einer seiner Favoriten ist Myanmars Staatspräsident Thein Sein. Er könnte dafür ausgezeichnet werden, dass er Myanmar langsam politisch öffnet. Der 67-Jährige wurde 2011 zum ersten zivilen Präsidenten seit dem Militärputsch von 1962 gewählt, mittlerweile hat sich die regierende Militärjunta offziell aufgelöst. Hunderte politische Gefangene kamen seitdem frei. Was gegen eine Auszeichnung spricht: Myanmar ist immer noch ein autoritärer Staat und es gibt dort bereits eine prominente Friedensnobelpreisträgerin - die Oppositionsführerin im Parlament Aung San Suu Kyi, die unter der Junta lange Jahre unter Hausarrest stand.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Gene Sharp

Gene Sharp

Quelle: AP

Ganz oben auf der Liste hat Kristian Berg Harpviken vom Friedensforschungsinstitut in Oslo aber Gene Sharp. Der 84-Jährige Politikwissenschaftler Sharp hat sich zeitlebens mit gewaltfreiem Widerstand auseinandergesetzt und mit seiner Philosophie friedliche Proteste wie die Studenten-Demonstrationen in China 1989 oder die jüngsten Revolutionen in Tunesien und Ägypten inspiriert. Er hat dieses Jahr bereits den "Right Livelihood Award", den so genannten "Alternativen Nobelpreis", erhalten. Die Auszeichnung gilt als Gegenentwurf zu den regulären Nobelpreisen.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Julia Timoschenko

Julia Timoschenko

Quelle: dpa

Wenige Gefangene haben so viel Aufmerksamkeit erregt wie Julia Timoschenko. Sie war das Gesicht der Orangenen Revolution 2004 in der Ukraine, später Premierministerin. Wegen Gas-Verträgen, die der Ukraine finanzielle Nachteile beschert haben sollen, wurde sie zu sieben Jahren Haft verurteilt. Weil das Urteil als politisch motiviert gilt und ihr trotz schwerer Krankheit lange eine angemessene Behandlung verweigert wurde, gilt Timoschenko in den den Augen vieler westlicher Politiker als Symbol für die Verkommenheit der gegenwärtigen ukrainischen Führungsriege - und damit als Kämpferin für Demokratie. Echte Chancen dürfte sie indes kaum haben.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Helmut Kohl

Helmut Kohl mit Nelson Mandela

Quelle: picture-alliance / dpa

Nelson Mandela (links) weiß bereits, wie man sich als Friedensnobelpreisträger fühlt. Er wurde 1993 ausgezeichnet. Helmut Kohl dagegen fand sich bereits häufiger auf der Liste der Nominierten, ging aber immer leer aus. Auch dieses Jahr ist der "Kanzler der Einheit" Berichten zufolge wieder unter den Kandidaten. Er könnte den Preis für seine Beteiligung an der deutschen Wiedervereinigung, die Annäherung zwischen Ost und West und den Einsatz für die europäische Einigung erhalten. Für seine Verdienste um die EU ernannte ihn der europäische Rat 1998 immerhin schon zum Ehrenbürger Europas. Für Kohl könnte es trotzdem schon zu spät sein. Das Nobelkomitee versuchte zuletzt immer, mit seiner Entscheidung die aktuelle Politik zu beeinflussen.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Svetlana Gannuschkina

Russische Bürgerrechtlerin Swetlana Gannuschkina

Quelle: dpa

Nicht das erste Mal nominiert ist die russische Menschenrechtlerin Svetlana Gannuschkina mit ihrer Organisation Memorial, die Verbrechen der Sowjetunion aufarbeitet und die Menschenrechtslage in ehemaligen Sowjetstaaten beobachtet. Gannuschinka, die schon 2011 als mögliche Preisträgerin galt, sitzt außerdem im Menschenrechtsrat des russischen Präsidenten.

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:Muhammad Sa'ad Abubakar

Mohammed Sa'ad Abubakar

Quelle: AFP

In den letzten Jahren sind in Nigeria vor allem durch Anschläge der islamistischen Sekte Boko Haram hunderte Menschen gestorben. Zwischen Muslimen, die überwiegend im Norden, und den Christen, die vorwiegend im Süden leben, tobt ein blutiger Konflikt. Dagegen haben sich Muhammad Sa'ad Abubakar, Sultan von Sokoto und damit das geistige Oberhaupt der Muslime in Nigeria, und...

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Kandidaten für den Friedensnobelpreis:John Onaiyekan

Der Erzbischof von Abuja John Onaiyekan

Quelle: AFP

... der Erzbischof der nigerianischen Hauptstadt Abuja, John Onaiyekan, ausgesprochen. Sie fordern beide Religionsgruppen, die jeweils etwa die Hälfte der Bevölkerung stellen, zu einem friedlichen Miteinander auf. Eine Entscheidung für die beiden könnte die Versöhnungsbemühungen unterstützen. Das Osloer Friedensforschungsinstitut hat sie jedenfalls auf der Liste seiner Favoriten.

© Süddeutsche.de/josc/joku/luk
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