Kandidaten-Debatte bei den Grünen:Partei der starken Frauen

Die Grünen-Frauen sind unzufrieden mit ihren lieben Jungs. Sie rügen die Kollegen, weil die es auf eine Kampfkandidatur zweier Frauen ankommen lassen wollen - und nach Lust und Laune neue Spitzenkandidatinnen ins Spiel bringen.

Daniela Kuhr

Wenn sich ein Mann für eine Frau stark macht, gilt das normalerweise als vorbildlich. Frauen zu fördern ist in. Allerdings kommt es immer auf das "Wie" an. Und eben deshalb rumort es mittlerweile bei den weiblichen Grünen- Abgeordneten im Bundestag. "Dear Boys" - so süffisant beginnt ein Brief, den zehn Frauen der Fraktion am Mittwoch an den Bundesvorstand der Grünen verschickt haben. Schon diese ersten zwei Worte zeigen: Hier ist jemand verärgert, und zwar richtig.

"Der bisherige Verlauf der Debatte über die Nominierung unserer SpitzenkandidatInnen für die Bundestagswahl im nächsten Jahr schadet dem Ansehen unserer Partei", heißt es in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Es ist unter anderem von der Fraktionsvize Kerstin Andreae, der Haushalts-Expertin Priska Hinz sowie der Arbeitsmarkt-Expertin Brigitte Pothmer unterzeichnet. "Wir Frauen werden nicht akzeptieren, dass offenbar einige wenige Männer in unserer Partei glauben, Personalvorschläge auf Kosten von Frauen machen zu können."

Anlass für diese klaren Worte sind ein paar Äußerungen von männlichen Grünen-Politikern über die Eignung beziehungsweise Nicht-Eignung von Parteikolleginnen für das Amt der Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf 2013. Denn noch ist die Frage offen, welches Spitzen-Duo die Grünen in die Bundestagswahl führen soll. Klar ist nur, dass es ein Mann und eine Frau sein sollen.

Sollten sich mehr als zwei bewerben, käme eine Urwahl unter den Mitgliedern in Betracht. Bei den Männern gilt Fraktionschef Jürgen Trittin bereits als gesetzt, da Parteichef Cem Özdemir offenbar nicht scharf darauf ist, ihn herauszufordern. Bei den Frauen aber hat bislang nur die Ko-Parteichefin Claudia Roth den Finger gehoben. Da damit jedoch beide Spitzenkandidaten aus dem linken Flügel kämen, haben die Realos aufbegehrt - jedenfalls die männlichen.

So brachte Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer vor wenigen Tagen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt ins Spiel, die zugleich Präses der Evangelischen Kirche ist. Sie selbst hat sich öffentlich noch nicht geäußert, doch ist bekannt, dass sie keine Kampfkandidatur gegen Roth wünscht. Auch der Vorsitzende des bayerischen Landesverbands der Grünen, Dieter Janecek, machte sich für sie stark. Der zum linken Flügel zählende Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele dagegen nannte die Vorstöße "irritierend" und warb stattdessen für Roth.

Es ist dieses Hickhack an Äußerungen, das die Frauen in der Bundestagsfraktion ernsthaft verärgert. Sie sind überzeugt, dass eine Kampfkandidatur zweier Frauen beide Kandidatinnen nur schwächen würde. Und deshalb fordern sie ihre Parteikollegen auf, solche "autokratischen Ausrufungen" zu unterlassen. Für die Wahl des Spitzenteams gebe es "ein klar vereinbartes Verfahren". Der Bundesvorstand müsse einen Vorschlag machen, über den der Parteitag abstimme.

"Wir Grünen können froh sein, dass es in unseren Reihen mehrere Frauen gibt, die Spitzenkandidatinnen sein können, während es offenbar nur einen Mann gibt, der dafür im Gespräch ist." Der Fokus müsse auf Inhalte gelegt werden. "Die Politik von Union und FDP bietet genügend Angriffsfläche." Darauf müsse man sich konzentrieren - "nicht auf Attacken gegen uns selbst".

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