Kampf gegen Steueroasen:Bloß nicht zu viel Offenheit

Viele Staaten wollen weiter geheim halten, wer wirklich hinter Briefkasten-Firmen steckt. Kritiker sind enttäuscht.

Von Björn Finke

Alles eine Frage der Perspektive: Der Premier gibt sich begeistert, Aktivisten äußern sich enttäuscht. "Heute wurden wir Zeugen, wie sich die Welt gegen einen gemeinsamen Feind zusammenschließt", sagte David Cameron etwas pathetisch. "Staaten sind weiter denn je gegangen in ihren Zusicherungen, Korruption auszutreiben." So fasste der Konservative die Ergebnisse des ersten Gipfeltreffens zum Kampf gegen diese Geißel zusammen.

Doch Anti-Korruptions-Organisationen kritisierten die Resultate der Konferenz, zu der Cameron nun nach London geladen hatte. "Der britischen Regierung ist es nicht gelungen, der Geheimniskrämerei um Finanzen einen entscheidenden Schlag zu versetzen", sagte etwa Naomi Fowler vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, einem Verbund von Aktivisten, die gegen Steueroasen und Briefkasten-Firmen kämpfen.

Für Cameron ist es wichtig, den entschlossenen Streiter gegen Korruption und Geldverstecke zu geben. Schließlich machte er eine ausgesprochen unglückliche Figur, als herauskam, dass seine Frau und er Erspartes in einem Investmentfonds auf den Bahamas angelegt hatten. Sein - 2010 verstorbener - Vater Ian gründete mit Hilfe der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in dem verschwiegenen Steuerparadies einen Fonds namens Blairmore. So heißt der Familiensitz der Camerons. Hinweise darauf fanden sich in den Unterlagen der Kanzlei, welche die SZ und andere Medien auswerteten. Premier Cameron rückte nur scheibchenweise mit der Wahrheit heraus, dass er selbst Geld in Blairmore gesteckt hatte. Er wirkte wie jemand, der etwas verbergen will, und sah sich gar mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Da musste der groß angekündigte Gipfel zum Kampf gegen Korruption und Geldwäsche zum Erfolg werden. Etwa 40 Regierungen nahmen teil. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt, dass neben Großbritannien fünf weitere Staaten öffentliche Register aufbauen, in denen heimische Unternehmen über ihren letztendlichen Eigentümer informieren müssen. Also über die Personen, die von den Geschäften profitieren. Das soll verhindern, dass die Kriminellen und Korrupten dieser Welt ihre Besitztümer verschleiern. Solche sogenannten Register der wirtschaftlich Berechtigten müssen EU-Staaten ohnehin bis 2017 einführen. Doch stellt es Brüssel den Regierungen frei, ob diese Register für die breite Öffentlichkeit einsehbar sind.

Justizminister Maas will mehr Transparenz, doch Kollege Schäuble bremst

Korruptions-Bekämpfer fordern diese Transparenz, aber viele Länder schrecken davor zurück. Neben Großbritannien werden nun die Niederlande, Frankreich, Nigeria, Kenia und Afghanistan solche öffentlichen Register einführen. Bundesjustizminister Heiko Maas, der für Deutschland an dem Gipfel teilnahm, sprach sich ebenfalls dafür aus - allerdings geht Finanzminister Wolfgang Schäuble so viel Offenheit zu weit.

Peinlich für Cameron: Zu den wichtigsten Steueroasen zählen viele der britischen Überseegebiete und Kronbesitzungen, etwa die Britischen Jungferninseln oder die Isle of Man. Diese Gebiete haben ihre eigenen Regierungen, doch für die Außenpolitik ist London zuständig. Cameron hatte die Überseegebiete aufgefordert, ebenfalls öffentlich einsehbare Register zu schaffen. Doch die Regierungen dort verweigerten sich dem Wunsch aus London. Sie verdienen gut an dem verschwiegenen Briefkasten-Geschäft und befürchten, die auf Diskretion bedachten Investoren könnten ihre Schein-Unternehmen stattdessen einfach in anderen Steueroasen anmelden.

In seiner Not verkaufte Cameron daher schon die Zusage mancher Überseegebiete und Kronbesitzungen als Erfolg, Angaben zu Besitzverhältnissen mit ausländischen Behörden auszutauschen. Die Öffentlichkeit bleibt da aber außen vor. Die Britischen Jungferninseln - bei der Kanzlei Mossack Fonseca sehr beliebt als Standort für Briefkastenfirmen - gaben allerdings noch nicht einmal diese Zusage ab.

Vertreter der Überseegebiete klagten auf dem Gipfel, es werde mit zweierlei Maß gemessen. So sagte Allan Bell, Regierungschef der Isle of Man, kleine Länder wie seines würden härter angegangen als die Vereinigten Staaten, obwohl manche US-Bundesstaaten wie Delaware sehr verschwiegene Paradiese für Briefkastenfirmen seien. Alden McLaughlin, der Premier der Kaimaninseln, sagte, würde er sich Camerons Wunsch nach Transparenz beugen, würden viele Investoren nach Delaware oder Wyoming abwandern. Cameron sieht das Problem: Es sei eben nötig, die US-Regierung zu überzeugen, ebenfalls die Standards zu erhöhen, sagte er. Ein hehrer Plan.

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