Kampf gegen "Islamischer Staat":So rechtfertigt die Regierung die Bundeswehr-Mission im Irak

Lesezeit: 1 min

Ein Bundeswehrsoldat unterweist einen Peschmerga-Kämpfer in Erbil im Gebrauch eines Sturmgewehrs. Künftig sollen 100 Bundeswehrsoldaten im Nordirak ausbilden. (Foto: Sebastian Wilke/dpa)
  • In der kommenden Woche will das Kabinett die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Nordirak auf den Weg bringen. Danach soll der Bundestag dem Einsatz zustimmen - doch die Mission ist rechtlich umstritten.
  • Die Bundesregierung stützt ihren Antrag auf Artikel 24 Grundgesetz.
  • Offen war bislang, ob man von einem "System kollektiver Sicherheit" sprechen kann, wenn kein klares Mandat des UN-Sicherheitsrats und kein Nato-Beschluss vorliegen.
  • Regierungsjuristen bejahen dies im Falle der Bundeswehr-Mission im Nordirak.

Von Stefan Braun, Berlin

Die völkerrechtliche Frage ist schwierig, und das Grundgesetz setzt enge Grenzen. Trotzdem hat sich die Bundesregierung nun offenbar auf die rechtlichen Grundlagen für ein Bundestags-Mandat zur Entsendung von rund 100 Bundeswehrausbildern in den Nordirak verständigt. Nach Informationen der SZ wird sich der Mandatsantrag auf Artikel 24 des Grundgesetzes stützen.

Darin heißt es, dass sich Deutschland "zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen" könne. Bislang war offen, ob man auch dann von einem solchen System kollektiver Sicherheit sprechen kann, wenn kein klares Mandat des UN-Sicherheitsrats und kein Nato-Beschluss vorliegen. Mittlerweile gehen die Verfassungsjuristen im Innenministerium, im Verteidigungsministerium und im Auswärtigen Amt jedoch davon aus, dass es auch im Fall der Ausbildungsmission möglich ist.

Drei Entwicklungen und Beschlüsse werden zur Untermauerung herangezogen:

  • Erstens hat die irakische Regierung alle Mitgliedsstaaten im Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" um Hilfe gebeten.
  • Zweitens hat der UN-Sicherheitsrat die Terrororganisation in einer Resolution im Sommer als Bedrohung für den Weltfrieden bezeichnet.
  • Und drittens hat der damalige Vorsitzende im Sicherheitsrat, US-Präsident Barack Obama, Mitte September in einer Art präsidentieller Erklärung alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich am Kampf gegen IS zu beteiligen.

Nach Einschätzung der Regierungsjuristen lässt sich daraus ableiten, dass die Bundeswehr-Mission in den autonomen Kurdengebieten im Nordirak ein Einsatz im Rahmen eines "Systems kollektiver Sicherheit" sein wird. Auf diese Linie verständigten sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) am Donnerstag am Rande der Kabinettssitzung.

Vom Tisch ist damit wohl auch eine andere Variante, die im Verteidigungsministerium ebenfalls erwogen worden war. Demnach hätte die Regierung auch versuchen können, sich in dem Mandat auf Artikel 87 a des Grundgesetzes zu berufen. Hier heißt es im ersten Satz: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf." Hier gab es Überlegungen, den Begriff Verteidigung auf in Not geratene Staaten wie (im aktuellen Fall) den Irak und die autonomen Kurdenregionen auszudehnen. Das aber stieß unter den Juristen der anderen Ministerien auf erhebliche Bedenken.

Auch deshalb sandte das Auswärtige Amt schon am Donnerstag die Botschaft aus, eine neue, erweiterte Interpretation des Grundgesetzes werde es für dieses Mandat nicht geben. Das Kabinett soll am kommenden Mittwoch den Mandatsantrag endgültig verabschieden. Einziges Ministerium, das in der derzeit laufenden Ressortabstimmung noch "Fragen" angemeldet hat, ist das Entwicklungsministerium von Gerd Müller.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: