Kampf gegen IS:US-Zentralkommando soll Berichte geschönt haben

Der IS beschäftigt die Welt: Der UN-Sicherheitsrat setzt ein Zeichen, aber der Terror geht weiter. Zu allem Übel sollen auch noch Fortschritte im Kampf gegen die Fundamentalisten hochgejazzt worden sein.

Das Pentagon untersucht laut einem Bericht der New York Times, ob das US-Zentralkommando Berichte über Erfolge im Kampf gegen die Terrormiliz IS geschönt hat. Analysten von Centcom, wie das Kürzel des für die Nahost-Region zuständigen Militärkommandos in Florida lautet, hätten sich im vergangenen Sommer mit entsprechenden Vorwürfen an den Generalinspekteur gewandt, schrieb die NYT am Samstag unter Berufung auf ehemalige Geheimdienstbeamte.

Demnach sollen Vorgesetzte geheimdienstliche Einschätzungen der Analysten verändert haben, um etwa die durch Luftangriffe erzielten Fortschritte im Kampf gegen den IS als bedeutender darzustellen als sie wirklich gewesen seien. Ermittler untersuchten der Zeitung zufolge jetzt große Mengen von E-Mails und andere elektronische Daten, die sie von militärischen Servern beschlagnahmt hätten. Auch der Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses prüfe die Darstellungen von Centcom und vergleiche sie mit Einschätzungen der US-Geheimdienste.

Steinmeier fordert Anti-IS-Kräfte in Syrien zu bündeln

Unterdessen fordert Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Kriegsparteien in Syrien dazu auf, ihre Konflikte beizulegen und gemeinsam gegen die IS zu kämpfen. "Es muss endlich Schluss damit sein, dass sich die syrische Armee, die freie syrische Armee und moderate Milizen-Gruppen im Drei-Fronten-Krieg verschleißen, statt gemeinsam gegen Isis zu kämpfen. Wir müssen jetzt alle zusammenbringen, die gegen Isis sind", sagte der SPD-Politiker der Bild am Sonntag.

Bisher habe sich Assad weniger auf den Kampf gegen den IS konzentriert, sondern vor allem die moderaten Gruppen bekämpft, sagte Steinmeier. Entscheidend werde sein, die verschiedenen Kräfte, die am Boden gegen den IS kämpften, endlich zusammenzubringen. "Denn wir sehen genau dort militärische Erfolge, wo es gelungen ist, ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren. Im Irak das abgestimmte Vorgehen zwischen der Armee in Baiji und den Peschmerga in Sindschar oder mit einer kurdisch-arabischen Allianz etwa bei der Befreiung von Tal Abjad."

Einen Einsatz westlicher Bodentruppen lehnt der Minister hingegen ab: "Ich kenne niemanden, der dort mit westlichen Bodentruppen reingehen will. Isis wünscht sich ja geradezu die verhassten westlichen Truppen in Syrien oder im Irak, um ihnen seine Selbstmordattentäter entgegenzuwerfen."

Genau eine Woche nach den Terroranschlägen von Paris hat der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung des sogenannten Islamischen Staat gefordert. In einer einstimmig in New York verabschiedeten Entschließung heißt es, "alle Staaten, die die Möglichkeiten dazu haben, sollen in Übereinstimmung mit den Völker- und den Menschenrechten ihre Maßnahmen verstärken und koordinieren, um Terrorakte des IS zu unterbinden".

Al-Azhar-Universitä verurteilt Anschläge von Paris

Einer der wichtigsten sunnitischen Kleriker hat die Anschläge von Paris und Mali scharf verurteilt. Der Terrorismus sei eine Krankheit, die die Religion als Deckmantel missbrauche, erklärte der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tajeb, am Samstag.

Die Gewalttaten stünden in keiner Verbindung zum echten Islam. "Es ist eine große Ungerechtigkeit und zeugt von Voreingenommenheit, die Anschläge mit dem Islam in Verbindung zu bringen, nur weil die Täter 'Allahu Akbar' rufen, während sie ihre Grausamkeiten begehen", mahnte Tajeb. Die Menschen, die im Westen Korane und Moscheen in Brand setzten, seien auch Terroristen, und ihre Taten schürten den Hass der Islamisten, sagte der Geistliche.

Die Universität Al-Azhar gilt als eine der wichtigsten religiösen Autoritäten der Sunniten. IS und Al-Kaida rekrutieren ihre Anhänger unter radikalen Sunniten.

Zum Auftakt des Gipfels der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean warf auch der malaysische Ministerpräsident Najib Razak dem IS vor, den Islam zu pervertieren. Najib sagte in einer mitreißenden Rede: "Die Täter (...) repräsentieren keine Ethnie, Religion oder Glauben. Sie ie sind Terroristen und sollten als solche behandelt werden, mit der vollen Kraft des Gesetzes."

Wiederholt betonte er, der Islam sei tolerant. Der IS sei das neue Übel. Er warnte, eine militärische Lösung allein werde nicht ausreichen, um den Terrorismus zu schlagen. Es sei eine Ideologie, die von den Extremisten propagiert werde. Diese sei Grund für die sadistische Gewalt. Diese Ideologie müsse als die Lüge, die sie sei, entblößt und überwunden werden, weil es nicht der Islam sei. In Italien protestierten hunderte Muslime gegen den "Missbrauch" des Islams durch die Verantwortlichen der Terroranschläge von Paris und Mali.

In Rom versammelten sich am Samstag zahlreiche Menschen auf der zentralen Piazza Santi Apostoli. Sie skandierten "Nein zum Terrorismus" und hielten Banner mit der Aufschrift "Nicht in meinem Namen". In Mailand demonstrierten etwa 500 Menschen auf der Piazza San Babila. Die Demonstranten wollten sich "klar und lautstark von jeglichem Missbrauch unserer Religion durch Kriminelle" distanzieren, sagte der Vizepräsident der Islamischen Religiösen Gemeinschaft Italiens, Yahya Sergio Yahe Pallavicini, in Rom. Im überwiegend katholischen Italien leben Schätzungen zufolge 1,7 Millionen Muslime.

Schiiten-Entführung in Afghanistan, Selbstmordattentate in Kamerun

Nur lässt das natürlich den IS völlig unbeeindruckt: Eine Gruppe schwer bewaffneter, maskierter Männer entführte am Samstag in Afghanistan mehr als ein Dutzend Menschen aus Bussen. Die Entführten sollen zu der schiitischen Minderheit der Hasara gehören. Anwohner behaupteten, zwanzig Hasara seien am Morgen von IS-Mitgliedern entführt worden. Man habe gesehen, wie die Gekidnappten in vom IS kontrollierte Gebiete gebracht wurden.

Laut Agha Dschan, einem Manager des Busunternehmens, haben die Männer die Busse angehalten und gezielt nach Menschen gesucht, die wie Hasara aussehen. Vor wenigen Wochen waren in derselben Provinz sieben Hasara geköpft worden, darunter Frauen und Kinder. Die Volksgruppe stellt etwa 20 Prozent der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung Afghanistans.

Auch in Afrika setzt sich der Terror fort. Nach Mali, diesmal in Kamerun. Binnen weniger Minuten haben sich im Norden des Landes vier junge Selbstmordattentäterinnen in die Luft gesprengt. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Hoher Norden sprengte sich die erste Attentäterin im Haus des Dorfältesten in der Ortschaft Leymarie unweit der nigerianischen Grenze in die Luft. Der Dorfälteste sowie vier seiner Verwandten seien getötet worden.

In den folgenden Minuten hätten drei weitere Selbstmordattentäterinnen in der nahe gelegenen Stadt Fotokol ihre Sprengsätze gezündet. Dabei habe es keine weiteren Opfer gegeben. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen in Fotokol waren die Attentäterinnen etwa 15 Jahre alt. Die drei jungen Frauen, die sich in Fotokol in die Luft sprengten, seien auf ihrem Weg in die Stadt von Mitgliedern einer Bürgerwehr entdeckt worden. Sie hätten daraufhin ihre Sprengsätze gezündet, aber keine Zivilisten mit in den Tod gerissen.

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