Kampf gegen die Wirtschaftskrise:Krisentreffen ohne Merkel

Am Montag beraten der britische Premier Brown, Frankreichs Präsident Sarkozy und EU-Kommissionspräsident Barroso über die Krise - ohne Merkel.

C. Hulverscheidt, M. Kläsgen und C. Gammelin

Der britische Premierminister Gordon Brown, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso kommen am Montag in London zusammen, um für den anstehenden EU-Gipfel eine gemeinsame Position im Kampf gegen die Rezession zu finden. Bundeskanzlerin Angela Merkel erhielt dagegen keine Einladung zu dem Treffen, an dem auch führende Wirtschaftsvertreter teilnehmen.

Merkel war in den vergangenen Wochen zunehmend unter Druck geraten, weil sich Deutschland als größte europäische Wirtschaftsmacht nach Auffassung Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Spaniens und auch der EU-Kommission nicht genug gegen die Wirtschaftskrise stemmt. So hatte Sarkozy im Beisein der Kanzlerin erklärt: "Deutschland denkt nach - Frankreich handelt."

Dennoch wollte man am Donnerstag im Berliner Kanzleramt nichts davon wissen, dass es sich bei dem Londoner Treffen zur Vorbereitung des EU-Gipfels um einen gezielten Affront handele. "Zu schlussfolgern, hier würde irgendetwas gegen Deutschland oder an Deutschland vorbei vereinbart, ist völlig abwegig", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Berlin habe von dem Treffen gewusst, Barroso habe Merkel sogar eigens angerufen, um sie über seine Teilnahme zu informieren. Ähnlich äußerte sich auch die EU-Kommission.

Tatsächlich gibt es innerhalb der EU neben Kritikern auch eine ganze Reihe von Staaten, die die zurückhaltende Haltung Merkels in der Konjunkturkrise unterstützen. Dazu zählen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung unter anderem Österreich, Finnland und die Niederlande. Merkel selbst betonte am Donnerstag noch einmal, dass sich Deutschland an einem Rennen um das größte Konjunkturprogramm in Europa nicht beteiligen werde.

Sarkozy legte derweil ein Paket im Umfang von 26 Milliarden Euro vor, mit dem er die Rezession in Frankreich bekämpfen will. Es umfasst auch den in Deutschland zuletzt heftig diskutierten Versand von Konsumgutscheinen an bedürftige Bürger - allerdings in einem kaum nennenswerten Volumen. Zwar erscheint das Programm auf den ersten Blick größer als das ebenfalls am Donnerstag verabschiedete erste Hilfsprogramm der Bundesregierung. Ein Vergleich ist aber schwierig, da beide Pakete teilweise aus schon bekannten, umgewidmeten oder umbenannten Maßnahmen bestehen.

So entfallen in Sarkozys Programm allein 11,5 Milliarden Euro auf Steuerschulden des Staats bei den Unternehmen, die nun statt über drei Jahre möglichst schon 2009 zurückgezahlt werden sollen. Zudem sollen Staatsbetriebe sowie die Kommunen Investitionen im Umfang von 10,5 Milliarden Euro vorziehen. Die Verschrottungsprämie für Altautos wird bei einem Neuwagenkauf von 300 auf 1000 Euro angehoben. Wegen der Rezession wird das französische Haushaltsdefizit 2009 auf vier Prozent der Wirtschaftsleistung und damit weit über das europäische Drei-Prozent-Limit steigen.

Im Bundestag stritten die Parteien erneut über den richtigen Weg im Kampf gegen die Konjunkturkrise. Redner der großen Koalition verteidigten das Programm der Regierung, das unter anderem höhere Verkehrsinvestitionen und eine befristete Befreiung von Neuwagenkäufern von der Kfz-Steuer vorsieht. Die Opposition sprach dagegen von einem "Progrämmchen". Streit gibt es auch mit den Ländern, die wegen der aus ihrer Sicht ungerechten Kostenverteilung an diesem Freitag den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen wollen.

Einige Länder vertreten sogar die Ansicht, Konjunkturpolitik sei allein Sache des Bundes. Es gilt aber als ausgeschlossen, dass das Konjunkturpaket am Ende am Widerstand des Bundesrats scheitert, da dafür wohl kein Land die Verantwortung übernehmen möchte.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: