Kampf gegen die RAF:Millionenbelohnung für den Ausstieg

Mit einem lukrativen Angebot soll der Verfassungsschutz 1980 versucht haben, RAF-Mitglieder zu ködern - vergeblich.

Der Verfassungsschutz hat Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF) nach Informationen des Spiegel im Sommer 1980 lukrative Angebote gemacht, damit sie sich vom bewaffneten Kampf lossagen.

Kampf gegen die RAF: Auch mittels Plakat fahndete das Bundeskriminalamts nach RAF-Terroristen - gegen Geld sagte sich keiner vom bewaffneten Kampf los.

Auch mittels Plakat fahndete das Bundeskriminalamts nach RAF-Terroristen - gegen Geld sagte sich keiner vom bewaffneten Kampf los.

(Foto: Foto: AP)

Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) habe pro Person eine Million US-Dollar (heute etwa 700.000 Euro) in bar und eine neue Identität angeboten, berichtete das Magazin.

Ein Dutzend Sympathisanten der RAF, die in der Legalität lebten und vermutlich Kontakt zu steckbrieflich gesuchten RAF-Mitgliedern hatten, seien vom BfV angeschrieben worden. Es sei aber kein RAF-Mitglied auf das Angebot eingegangen.

Das Magazin berichtet weiter, dass die Bundesregierung bereits Ende 1980 vom Bundesnachrichtendienst (BND) Hinweise bekommen habe, dass RAF-Mitglieder in der DDR untergetaucht waren. Ein Palästinenser, der von 1979 an vier Jahre lang als Top-Quelle für den Auslandsnachrichtendienst arbeitete, habe den BND darüber informiert.

Als der Hinweis an das damalige Bonner Kanzleramt offenbar folgenlos blieb, habe im BND "eine Stinkwut" geherrscht, zitiert das Magazin einen Geheimdienstler. Nach der Wende wurden im Sommer 1990 insgesamt zehn in der DDR untergetauchte RAF-Mitglieder enttarnt.

Neue Aktenfunde gibt es dem Spiegel zufolge auch zum sogenannten Deutschen Herbst. Demnach wurde damals intensiv überlegt, welche politisch-juristischen Druckmittel möglicherweise gegen das Umfeld der RAF einzusetzen seien.

Nach der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer im Jahr 1978 sei sogar eine Verletzung des Grundgesetzes erwogen worden. Im Nachlass des früheren Bundestagspräsidenten Karl Carstens (CDU) befänden sich handschriftliche Aufzeichnungen, die er nach einem Telefonat mit Schmidt niedergeschrieben hatte - gut eine Woche nach Schleyers Entführung.

Über Grundgesetzbruch nachgedacht

Nach Carstensens Aufzeichnungen war im "Großen Krisenstab", den Schmidt eingerichtet hatte, sowohl über "nachträgliche Erschießungen" inhaftierter Terroristen geredet worden als auch über "Repressalien seitens des Staates gegen die Häftlinge".

Der frühere Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Siegfried Fröhlich, sagte danach, es habe die "ernsthafte Bereitschaft" gegeben, "gegebenenfalls über das Grundgesetz hinauszugehen". Carstens hielt fest, dass es Schmidts Auffassung gewesen sei, "alle Möglichkeiten und alle Vorschläge zu durchdenken".

Der Kanzler werde sich "jedoch nicht wissentlich an Aktionen beteiligen, die seinen vor dem Bundestag geleisteten Eid, insbesondere soweit es sich um die Wahrung des Grundgesetz handle, tangieren würden".

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