Kämpfe im Kongo:Kindesentführungen und Vergewaltigungen

Lesezeit: 2 min

Während beim Kongo-Gipfel in Nairobi beraten wird, bleibt die Lage im Krisengebiet katastrophal. Neue Kämpfe flammen auf, Milizen entführen Kinder, um sie zu Soldaten zu machen.

Ungeachtet internationaler Friedensbemühungen sind die Kämpfe im Osten des Kongo wieder aufgeflammt. Nach Angaben eines AFP-Reporters flohen am Freitag Tausende Menschen aus einem Flüchtlingslager in der umkämpften Provinz Nord-Kivu, als sich Rebellen und Regierungstruppen neue Gefechte lieferten.

Kinder in einer Flüchtlingskaravane im Kongo - viele von ihnen werden von Milizen entführt, um ihnen als Kindersoldaten zu dienen (Foto: Foto: dpa)

Kongos Präsident Joseph Kabila warf den UN-Friedenstruppen Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung vor. Menschen würden abgeschlachtet, sagte Kabila bei einem Kongo-Krisengipfel in Nairobi. Die Kämpfe zwischen Rebellen des desertierten Tutsi-Generals Laurent Nkunda und kongolesischen Regierungstruppen flammten 15 Kilometer nördlich der umkämpften Provinzhauptstadt Goma auf.

Nach Angaben des Sprechers der UN-Mission im Kongo, Jean-Paul Dietrich, nahmen die Rebellen bereits am Donnerstag die Orte Nyanzale und Kikuku 80 Kilometer nordwestlich von Goma ein.

"Menschen werden abgeschlachtet, und die Monuc tat nichts"

Die jüngsten Vorstöße der Rebellen hätten die Situation verschlimmert, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Nairobi. Es sei ein kritischer Zeitpunkt für die Region der Großen Seen und ganz Afrika erreicht. "Wir müssen den Kreislauf der Gewalt hinter uns lassen", sagte Ban.

Der Präsident Tansanias und derzeitige Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Jakaya Kikwete, forderte alle Konfliktparteien auf, bereits geschlossene Waffenstillstandsabkommen umzusetzen. An dem Krisengipfel nahmen unter anderen auch Kongos Präsident Kabila und sein ruandischer Kollege Paul Kagame sowie EU-Entwicklungskommissar Louis Michel teil. Direkte Gespräche zwischen Kabila und Kagame seien jedoch nicht geplant, sagte Michel.

Kabila warf den UN-Friedenstruppen Versagen vor. "Menschen werden abgeschlachtet, und die Monuc (UN-Mission im Kongo) tat nichts", sagte ein Sprecher Kabilas am Rande des Gipfels. Er beschuldigte erneut den Nachbarstaat Ruanda, sich in den Konflikt mit den Rebellen einzumischen.

Menschenrechtler hatten zuvor berichtet, die Rebellen von Nkunda und Kämpfer einer mit der Armee verbündeten Miliz hätten bei ihren jüngsten Gefechten bewusst auf Zivilisten geschossen. Dabei seien in der Stadt Kiwanja mindestens 20 Menschen getötet worden. Nach UN-Angaben sind in der Region mittlerweile mehr als eine Viertelmillion Menschen auf der Flucht. Seit September hätten in Nord-Kivu 253.000 Menschen ihre Häuser verlassen, sagte die Sprecherin des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA), Elizabeth Byrs, in Genf.

Schulen überfallen und Kinder entführt

Unterdessen wurden Berichte über neue Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten sowie über Vergewaltigungen im Kongo bestätigt. "Wir verzeichnen im Kongo einen deutlichen Anstieg an Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten", erklärte die Sprecherin des UN-Koordinationsbüros Ocha, Elizabeth Byrs, in Genf.

Die Entwicklungen in der Region Nord-Kivu seien besorgniserregend. Allein 37 gewaltsame Verschleppungen von Kindern habe das UN-Kinderhilfswerk Unicef bisher gezählt, sagte Sprecherin Véronique Tavau. Die Dunkelziffer werde aber deutlich höher geschätzt.

Nach Angaben Tavaus werden Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren gewaltsam von ihren Eltern getrennt, verschleppt und als Soldaten eingesetzt. In mindestens zwei Fällen seien dabei gezielt Schulen überfallen und zum Teil zerstört worden. Kinder unter zehn Jahren würden als Arbeiter herangezogen, während Mädchen für Hausarbeiten und für sexuelle Sklavendienste verschleppt würden.

Systematische sexuelle Gewalt der Milizen

Viele Kinder seien auf sich allein gestellt, da ihre Eltern getötet wurden oder verschwunden sind. Die Rebellen hätten somit oft leichtes Spiel, sagte Elizabeth Roesch vom Hilfswerk Care International in Goma. Unicef appelliert über das Radio an die Rebellen, sofort die Rekrutierung von Kindern einzustellen und alle Kindersoldaten freizulassen, sagte Tavau. Außerdem würde die Bevölkerung über Radio gewarnt.

Die Milizen bedrohten die Bevölkerung systematisch mit sexueller Gewalt. Seit Januar dieses Jahres seien 3500 Frauen und Mädchen Opfer von Vergewaltigungen geworden. Die Aids-Gefahr sei hoch. Seuchen breiten sich weiter aus, so sei beispielsweise die Zahl der Cholera-Fälle auf über 3000 angestiegen und Masern-Fälle deutlich gewachsen, berichtete die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Fadela Chaib. Betroffen seien vor allem Kinder.

© dpa/AFP/ihe/plin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: