Kabinettsumbildungen:Die Hände gebunden

In einer Koalition entscheidet nicht allein der Regierungschef über Ministerposten. Das Instrument der Kabinettsumbildung steht Bundeskanzlerin Merkel nicht zur Verfügung.

Nico Fried

Es gibt Leute, die sehr oft als Bundesminister gehandelt wurden, weshalb man kaum glauben kann, dass sie es nie geworden sind. Hubertus Schmoldt ist einer von ihnen, Chef der Chemie-Gewerkschaft IGBCE. Wann immer zu rot-grünen Zeiten Gerhard Schröders von einer Kabinettsumbildung die Rede war (und je länger diese Regierung währte, desto mehr war davon die Rede), wurde Schmoldt gehandelt.

Kabinettsumbildungen: Bundeskanzlerin Angela Merkel sind die Hände gebunden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sind die Hände gebunden.

(Foto: Foto: dpa)

Es wurde nie etwas draus, genau wie bei der Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier, die statt dessen in der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Nöte geriet, oder Doris Ahnen, die als Favoritin für eine Verjüngung des Schröder-Kabinetts galt und bis heute Ministerin in Rheinland-Pfalz geblieben ist.

Noch beliebter als die Tat ist die Drohung

Eine Kabinettsumbildung, die nicht durch Rücktritte erzwungen wird, ist eine heikle Sache. Je schlechter die Regierung dasteht, desto mehr gilt der Ministerwechsel als letztes Mittel, um eine verbrauchte Truppe aufzupeppen.

Noch beliebter als die eigentliche Tat ist die Drohung damit. Hier gilt für Ulla Schmidt das Gegenteil von Schmoldt: So oft stand die SPD-Politikerin angeblich schon vor der Ablösung, dass man kaum glauben kann, dass sie immer noch Gesundheitsministerin ist.

Die Gefahr einer Kabinettsumbildung liegt zum einen im Eingeständnis, dass es die alte Besetzung nicht mehr bringt. Zum anderen muss man damit rechnen, dass der Effekt nach kurzer Zeit verpufft und der Chef noch mehr in den Blickpunkt der Kritik gerät - ein Grund, weshalb Schröder in der zweiten Amtszeit völlig auf einen Umbau verzichtete. Mit drei Jahren und 13 Tagen hält sein zweites Kabinett sogar den Rekord für die am längsten unveränderte Regierung. Dann ließ er sie vorzeitig abwählen.

Nach altem Brauch haben die Parteien für ihr jeweiliges Regierungspersonal das Vorschlagsrecht. Das bedeutet: Je größer die Koalition, desto weniger Möglichkeiten hat der Kanzler oder die Kanzlerin. Schröder konnte in seinen sieben Regierungsjahren über elf von der SPD besetzte Ministerposten verfügen (mit Kanzleramt). Angela Merkel kann die Regierungsmitglieder, die sie ablösen dürfte, an einer Hand abzählen, zwei weitere gehören zur CSU, acht gehören zur SPD.

Instrument der Kabinettsumbildung steht Merkel nicht zur Verfügung

Um nicht nur einen Minister auszutauschen, sondern eine echte Kabinettsumbildung vorzunehmen, müsste sich Merkel also faktisch mit SPD und CSU ins Einvernehmen setzen. So hätte sie im Zuge der Neubesetzung des Wirtschaftsministeriums, natürlich rein theoretisch, anbieten können, gleich auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) zu ersetzen, wenn die SPD dafür Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee aufgäbe. Das Beispiel und die dazu gehörenden Kalamitäten beweisen vor allem eins: Das Instrument der Kabinettsumbildung steht Merkel nicht zur Verfügung.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: