Kabinett:Neues Fundament für die Rentenversicherung

Die Bundesregierung hat sich geeinigt, wie sie die Rentenfinanzen stabilisieren will. Im Endeffekt laufen die meisten Maßnahmen auf eine Rentenkürzung hinaus, die angesichts der Altersstruktur aber auch nötig ist.

Vor allem junge Leute müssen sich auf weitere Abstriche bei ihrer gesetzlichen Rente einstellen. Das Kabinett beschloss, das Renten-Niveau bis 2030 nochmals abzusenken. Dafür soll private Vorsorge besser steuerlich gefördert werden. "Damit machen wir die Rentenversicherung für die Jüngeren bezahlbar und für die Älteren verlässlicher", betonte Sozialministerin Ulla Schmidt.

Das Kabinett beschloss zwei Gesetze - eines von Schmidt, das die Rentenfinanzen langfristig auf eine solide Basis stellen soll, und eines von Finanzminister Hans Eichel, das auf Druck des Bundesverfassungsgerichts die Rentenbesteuerung neu regelt.

Niedrigere Rentenanpassung

Künftig sollen Einzahlungen von Arbeitnehmern für die gesetzliche und auch private Altersrenten steuerfrei sein. Die ausgezahlte Rente wird dafür besteuert. Der Übergang soll sehr langsam bis 2040 erfolgen.

Kernpunkt von Schmidts Gesetz ist der so genannte Nachhaltigkeitsfaktor. Dieser wirkt ähnlich wie der "demographische Faktor" der Kohl-Regierung, den Rot-Grün 1999 gekippt hatte.

Er soll ausgleichen, dass die Menschen immer älter werden und damit immer länger Rente beziehen, gleichzeitig aber immer weniger Arbeitnehmer Beiträge zahlen. Er verringert die jährliche Rentenanpassung in der Regel geringfügig.

Renten-Rücklage wird erhöht

Gemeinsam mit den bereits in der Riester-Rente beschlossenen Einschnitten sinkt so das Rentenniveau bis 2030 von heute 48 auf etwa 40 Prozent des Bruttolohns. Schmidt räumte ein, dass dann eine Sicherung des Lebensstandards nur noch mit einer privaten Zusatzrente möglich sein werde.

Im Gegenzug soll der Rentenbeitrag - heute liegt er bei 19,5 Prozent - bis 2020 nicht über 20 und bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen, wie Schmidt betonte. Andererseits kann der jetzige Beitrag nach Schmidts Gesetzentwurf bis etwa 2009 auch bei besserer Konjunktur nicht sinken. Hintergrund ist eine Vorschrift, dass die Rentenkassen wieder eine hohe Rücklage von 1,5 Monatsausgaben aufbauen sollen.

Weiterer Punkt in dem Gesetz ist der Stopp des Trends zur Frührente. Bis 2008 soll es auch bei Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit nicht mehr möglich sein, vor dem Alter von 63 in Rente zu gehen. Dies soll schrittweise geschehen. Bis zum Jahresende abgeschlossene Verträge über Altersteilzeit sollen nicht betroffen sein.

Durchschnittsrentner zahlt zunächst keine Steuer

Eichels "Alterseinkünftegesetz" sieht vor, dass ab 2005 schrittweise die Besteuerung der Renten und gleichzeitig eine schrittweise Steuerfreistellung der Rentenbeiträge beginnt.

2040 sollen dann auf den gesamten Auszahlungsbetrag abzüglich der Freibeträge Steuern fällig werden. Dafür sollen Arbeitnehmer bis zu 20.000 Euro jährlich steuerfrei in Rentenversicherungen einzahlen dürfen, die eine monatliche Auszahlung bis zum Lebensende garantieren. Das Steuerprivileg für Kapitallebensversicherungen wird hingegen 2005 abgeschafft. Dies könne sich der Staat nicht auch noch leisten, meinte Eichel.

Der Beginn der Besteuerung trifft Eichel zufolge den Durchschnittsrentner 2005 nicht. Bis zu einer Grenze von 18.900 Euro im Jahr oder 1575 Euro im Monat blieben Bezüge steuerfrei.

Union fordert stärkere Familienkomponente

Von 14,2 Millionen Rentnerhaushalten zahlten heute zwei Millionen Steuern auf ihre zusätzlichen Einkommen. Ab 2005 seien es 3,3 Millionen Haushalte.

Die Union schließt einen Rentenkonsens im kommenden Jahr nicht aus, fordert aber Nachbesserungen an dem am Mittwoch beschlossenen Regierungspaket. Dies betonte CDU-Sozialexperte Andreas Storm im AP-Gespräch. "Ein Essential für die Union ist eine starke Familienkomponente, und die fehlt bei der Regierung bisher vollkommen", sagte Storm.

FDP-Chef Guido Westerwelle begrüßte das Rentenpaket der Regierung grundsätzlich. Es sei ein vorsätzlicher Fehler gewesen, den von der Kohl-Regierung eingeführten demographischen Faktor abzuschaffen. Es werde allerhöchste Zeit, dies mit dem Nachhaltigkeitsfaktor wieder auszugleichen. "Entscheidend ist, dass wir die Rentenformel anpassen an die veränderte Altersstruktur - viele Jahre zu spät, fünf Jahre zu spät", sagte der FDP-Chef.

(sueddeutsche.de/dpa/AP)

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