Kabinett in Ba-Wü:Das sind die grün-schwarzen Minister

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Kretschmann und Strobl haben bei der Vorstellung der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart allen Grund zu lachen. Werden sie doch ihre Wunschposten bekommen. Das kann nicht jeder im neuen Kabinett von sich behaupten. (Foto: dpa)

Das Kabinett in Baden-Württemberg steht. Die Ressorts sind 50/50 verteilt - mit einer personellen Überraschung.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sein grün-schwarzes Kabinett vorgestellt. "Es wird Sie nicht überraschen, dass ich als Ministerpräsident kandidieren werde", sagte er in Stuttgart mit Blick auf die anstehende Wahl im Landtag am kommenden Donnerstag. Der von Kretschmann berufene neue Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Aus der CDU wird's jedenfalls keinen Gegenkandidaten geben."

Baden-Württemberg wird künftig als bundesweit erstes Land von einer grün-schwarzen Koalition regiert. Sowohl die Grünen als auch die CDU stellen jeweils fünf Minister. Eine personelle Überraschung hat das neue Kabinett auch parat.

Staatsministerium

Die Regierungsbehörde untersteht freilich dem Ministerpräsidenten. 58 Jahre lang besetzte die CDU diesen Posten - bis ihn vor fünf Jahren der Grüne Winfried Kretschmann übernahm. Aller Voraussicht nach wird der sich neu konstituierende Landtag Kretschmann für eine zweite Amtszeit zum Ministerpräsidenten wählen.

Inneres

Das Innenministerium und das Amt des Regierungs-Vizechefs fällt Thomas Strobl zu. Der 56-Jährige sah seine Zukunft eigentlich in Berlin. Der Jurist ist in der Bundes-CDU einer von fünf Stellvertretern von Parteichefin Angela Merkel. Nach der Niederlage der CDU bei der Landtagswahl 2011 übernahm Strobl beherzt den Landesvorsitz, um die am Boden liegende Partei wieder aufzurichten - obwohl er als damaliger Generalsekretär unter Parteichef Stefan Mappus (CDU) den Machtverlust an Grün-Rot mit zu verantworten hatte. Mit Baden-Württemberg verbindet Strobl seine bisher bitterste Niederlage: Im Dezember 2014 zog er überraschend im CDU-internen Mitgliederentscheid für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl den Kürzeren. Sieger war Guido Wolf, damals noch Landtagspräsident und gegen Strobl ein politischer Niemand. Im Landtagswahlkampf bilden Strobl und Wolf ein Team. Doch die CDU verliert krachend. Strobl wird in den Koalitionsverhandlungen zum neuen starken Mann der baden-württembergischen CDU - und zum stärksten Mann der Partei in der neuen schwarz-grünen Regierung.

Wirtschaft

Dieses Ministerium hätte Guido Wolf gerne gehabt. Dass der ehemalige Spitzenkandidat der Landes-CDU seinen Wunschposten nicht bekommen hat, liegt wohl am Protest diverser Wirtschaftsverbände. Nun bekommt dieses Ressort seine Parteikollegin Nicole Hoffmeister-Kraut. Sie ist damit die größte Überraschung im grün-schwarzen Kabinett. Begriffe wie Quereinsteigerin und Newcomerin passen auf die Unternehmerin aus der CDU-Hochburg Balingen, die erst mit der Wahl im März per Direktmandat in den Landtag einzog. Hoffmeister-Kraut werde ein durch die Themen Wohnungsbau und Arbeit "deutlich gestärktes" Ressort übernehmen, sagt der künftige Regierungs-Vize Strobl.

Justiz

Hier wird Guido Wolf künftig seinen Staatsdienst tun. Seinem Ressort werden die Themen Europa und Tourismus zugeordnet. Wolf sagt, er werde die Aufgabe "mit Herzblut" angehen. Er sei nun nicht enttäuscht, dass er das Wirtschaftsressort nicht bekommen habe, sagte Wolf. "In der Politik sollte man sich davon verabschieden, zu Enttäuschungen zu neigen." Als begeisterter Europäer sei er froh, dass er auch das Thema Europa mit der Landesvertretung in Brüssel mit bearbeiten dürfe. Die Repräsentanz in der belgischen Hauptstadt wolle er zur Plattform für Wissenschaft und Wirtschaft ausbauen.

Finanzen

"Mehr Frauen in Spitzenpositionen" war der Schlachtruf von Edith Sitzmann (Grüne) in den ersten Jahren im Landtag. Nun wechselt die bisherige Grünen-Fraktionschefin ins Kabinett, um das Finanzressort zu übernehmen. Das ist keine leichte Aufgabe. Zwar will Grün-Schwarz 2020 auf jeden Fall die Schuldenbremse einhalten. Die Begehrlichkeiten nach mehr Geld für grün-schwarze Projekte sind aber groß.

Kultus

Für Susanne Eisenmann (CDU) ist längeres gemeinsames Lernen ebenso wenig ein Aufreger wie Ganztagsschulen. Die Stuttgarter Schulbürgermeisterin hat keine ideologischen Scheuklappen und nimmt auch gegenüber der eigenen Partei kein Blatt vor den Mund. Die gebürtige Stuttgarterin befriedigt als Kultusministerin die Forderung der Frauen-Union nach weiblichen Ressortchefs.

Soziales

Im schwarzen Oberschwaben bekam Manfred Lucha (Grüne) bei der Landtagswahl im März erstmals das Direktmandat für die Grünen. Mit 33 Prozent der Stimmen verwies er seinen CDU-Konkurrenten August Schuler auf den zweiten Platz im Wahlkreis Ravensburg, jetzt wird er neuer Sozialminister. Allerdings war der gebürtige Oberbayer, der wegen seiner jovialen Art auch "Manne" genannt wird, bereits 2011 mit einem Ausgleichsmandat in den Landtag eingezogen. Dort engagierte sich Lucha als Sozialpolitiker, als Mitglied im Petitionsausschuss, Ex-Vize-Chef der Enquetekommission Pflege und als Vorsitzender des Arbeitskreises Soziales seiner Fraktion. Der Wahlspruch des gelernten Chemiewerkers, Krankenpflegers und Diplom-Sozialarbeiters lautet: "Es gibt keine Ränder der Gesellschaft. Alles was stattfindet ist Mittendrin."

Wissenschaft

Dreimal erhielt Theresia Bauer (Grüne) den Titel "beste Wissenschaftsministerin des Jahres". Dass sie Ressortchefin im grün-schwarzen Kabinett bleibt, war unstrittig. Selbst die Opposition ließ die gebürtige Zweibrückerin relativ ungeschoren, lediglich die Diskussion um Struktur und Finanzierung der Musikhochschulen und Personalquerelen in der Verwaltungshochschule Ludwigsburg boten CDU und FDP Angriffsflächen. Insbesondere die Hochschulrektoren sind der Politologin dankbar. Denn sie sagte ihnen eine Finanzspritze von 1,7 Milliarden Euro von 2015 bis 2020 zu. Die 51-Jährige gehört dem Realo-Flügel ihrer Partei an und wird als Nachfolgerin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gehandelt.

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Von Kurt Kister

Verkehr

Für CDU und FDP ist der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ein rotes Tuch. Aber auch bei den grünen Stuttgart-21-Gegnern hat er einen schweren Stand, seitdem er das Bahnprojekt nach dem Bürgerentscheid zähneknirschend mittragen muss. Jetzt muss er sich an die Kooperation mit den Schwarzen gewöhnen, die ihn zum Teil heftig attackierten. Bei Ministerpräsident Kretschmann hingegen genießt der dem linken Parteiflügel zugehörige Ressortchef hohes Ansehen.

Umwelt

Die Energiewende voranzubringen, Windräder im Südwesten zu etablieren - das ist der Auftrag für Franz Untersteller (Grüne), der seit 2011 Umweltminister ist und wieder dem Kabinett angehört. Hartes Debattieren gilt als sein Markenzeichen.

Agrar

Man koaliere nur mit den Grünen, wolle aber nicht mit ihnen fusionieren, sagte der einstige CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Rande der Koalitionsverhandlungen. Als Oppositionsführer attackierte er Grün-Rot leidenschaftlich. Hauk wird eher dem liberalen Flügel seiner Partei zugerechnet, bezeichnet die Grünen aber als "Gesinnungsterroristen" und bedient damit wiederum den konservativen Teil seiner Partei. Er gab über vier Jahre den Terrier an der Spitze der Fraktion, wurde aber nie als Ministerpräsident in spe gesehen. Nun übernimmt er das Landwirtschaftsressort.

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