Justizopfer:Haftentschädigung auf 25 Euro gehoben

Wer unschuldig im Gefängnis saß, soll künftig mehr als doppelt so viel Entschädigung erhalten. Darauf verständigten sich die Justizminister der Länder.

Opfer von Fehlurteilen können schon bald mit einer mehr als doppelt so hohen Haftentschädigung als bisher rechnen. Sie soll möglichst ab Sommer 2009 von derzeit 11 auf 25 Euro steigen, wie die Justizminister der Länder in Berlin beschlossen. Das Bundesjustizministerium signalisierte Zustimmung und will zügig ein Gesetz auf den Weg bringen.

Justizopfer: Von 11 Euro auf 25 Euro: Die Justizminister wollen die Haftentschädigung mehr als verdoppeln.

Von 11 Euro auf 25 Euro: Die Justizminister wollen die Haftentschädigung mehr als verdoppeln.

(Foto: Foto: ddp)

Der Beschluss sei mehrheitlich erfolgt, erklärte der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, der niedersächsische Ressortchef Bernd Busemann (CDU). Da es sich bei den Fällen um überschaubare Zahlen handele, sei die finanzielle Mehrbelastung für die Länder kein Thema.

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue zeigte sich dennoch unzufrieden mit der Höhe des Betrages. Sie werde sich weiterhin für ihre Forderung einsetzen, 100 Euro Entschädigung pro Tag zu zahlen, sagte die SPD-Politikerin, die dem Beschluss nicht zustimmte.

Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) kritisierte die Entscheidung und forderte ebenfalls 100 Euro pro Tag. Die Mehrausgaben seien durchaus finanzierbar, sagte DAV-Präsident Hartmut Kilger. Berlin wende beispielsweise pro Jahr 95.000 Euro an Haftentschädigung auf, das Saarland gibt zwischen 80.000 Euro und 90.000 Euro aus, Hamburg 45.000 Euro. In Niedersachsen sind es zwischen 50.000 und 60.000 Euro, wie Busemann erklärte. Selbst wenn es zu einer Verzehnfachung käme, "wäre dies also finanzierbar", sagte Kilger.

Seit 21 Jahren unverändert

Der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Lutz Diwell, erklärte, die Umsetzung des Beschlusses in ein Gesetz sei "eher eine technische Frage". Bundesjustizminister Brigitte Zypries (SPD) hatte sich in der Vergangenheit stets offen für eine höhere Haftentschädigung gezeigt, ihr weiteres Vorgehen aber von einer Einigung der Länder abhängig gemacht.

Die Höhe der Haftentschädigung ist seit 1987 unverändert. Sie wird zusätzlich zu den konkreten Schäden wie beispielsweise einem Verdienstausfall durch die Haft gezahlt. Offen ist noch, ob die höhere Entschädigung auch rückwirkend gezahlt wird.

Im Frühjahr hatte der Fall einer 52-jährigen Berlinerin die Debatte über eine höhere Haftentschädigung verschärft. Die Arzthelferin saß fast zweieinhalb Jahre unschuldig im Gefängnis, nachdem sie zunächst wegen der angeblichen Ermordung ihres Vaters zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Neue Gutachten belegten später ihre Unschuld. Für die 888 Tage, die die Angeklagte zu Unrecht im Gefängnis saß, steht ihr nach altem Recht eine Entschädigung von insgesamt 9.768 Euro zu.

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