Jerusalem:Abrisspläne zugunsten von Bibelpark

Die Stadtverwaltung von Jerusalem will im arabischen Ostteil der Stadt 40 palästinensische Häuser abreißen. Die Bewohner sollen umgesiedelt werden.

Die Stadtverwaltung von Jerusalem plant trotz aller Warnungen den Abriss von 40 Häusern von Palästinensern im arabischen Ostteil der Stadt. An gleicher Stelle soll im Viertel Silwan ein Bibelpark als Touristenattraktion entstehen.

Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat wollte am Dienstagnachmittag Details des Projekts "Garten des Königs" vorstellen, das sich auf die Gärten des Königs Salomon bezieht. Diese waren nach Darstellung der Bibel einst an der Stelle, wo jetzt der Park entstehen soll. Der Überlieferung nach soll König Salomo hier vor rund 3000 Jahren sein Hohelied komponiert haben.

Die palästinensischen Anwohner laufen seit Monaten gegen die Pläne Sturm und haben Widerstand angekündigt. Angesichts der ohnehin aufgeheizten Atmosphäre in den Palästinensergebieten und Ostjerusalem warnen Kommentatoren vor neuen Krawallen und Ausschreitungen.

In dem betreffenden Gebiet, das von den Palästinensern Al-Bustan (der Garten) genannt wird, leben rund 1500 Menschen in 88 Häusern.

Die Pläne der Stadtverwaltung sehen nach Medienberichten vor, dass die vom Abriss betroffenen Familien umgesiedelt werden. Nach israelischen Angaben sind die Häuser illegal gebaut worden.

Die Anwohner wiederum verweisen darauf, dass die Stadtverwaltung von Jerusalem für sie generell keine Baugenehmigungen ausstellt und dass sie seit Jahren Steuern und Abgaben für ihre Häuser gezahlt haben.

Der künftige Status von Jerusalem soll erst in Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern geklärt werden. Die Palästinenser werfen der Stadtverwaltung vor, mit neuen Projekten wie dem Gartenpark den Status quo im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems zu Gunsten Israels ändern zu wollen.

Israel hatte Jerusalem 1980 zur ungeteilten und ewigen Hauptstadt erklärt. Der UN- Sicherheitsrat erklärte diese Entscheidung später für "null und nichtig".

Israel will auch bei Friedensvertrag im Jordantal bleiben

Derweil erklärte die Regierung, Israel wolle auch nach Abschluss eines Friedensvertrags mit den Palästinensern das gesamte Jordantal besetzt halten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte in Jerusalem, selbst bei einem Friedensvertrag mit den Palästinensern werde es keinen Truppenabzug aus diesem Gebiet an der Grenze des Westjordanlands zu Jordanien geben.

Vor einem Parlamentsausschuss begründete Netanjahu dies mit der besonderen strategischen Bedeutung dieser Region, wie ein Teilnehmer der Sitzung berichtete.

Das Jordantal erstreckt sich über etwa ein Viertel des Westjordanlands, das bis zum Sechstagekrieg von 1967 zu Jordanien gehörte. Israel betrachtet dieses Gebiet, in dem rund 6.000 jüdische Siedler leben, als Pufferzone gegen arabische Angriffe.

Palästinenser beanspruchen Westjordanland komplett

Die Palästinenser beanspruchen aber das gesamte Westjordanland für einen eigenen Staat. Dabei gilt das Jordantal als Kornkammer und als einzige Region, die noch größere Mengen von palästinensischen Flüchtlingen aufnehmen könnte.

Israel hat kürzlich zwei historische Stätten im Westjordanland zum nationalen Kulturerbe erklärt. Dabei handelt es sich um die Höhle der Patriarchen in Hebron und Rachels Grab in der Nähe von Bethlehem.

Dieser Schritt wurde von den USA scharf kritisiert, die sich zurzeit intensiv um die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern bemühen.

Für Mitte Mai ist ein Treffen des internationalen Nahost-Quartetts in Moskau mit dem Ziel geplant, die Wiederaufnahme der Nahostgespräche auf den Weg zu bringen. Dabei will US-Außenministerin Hillary Clinton mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der EU-Chefin für Außenpolitik, Catherine Ashton, zusammenkommen.

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