Jemen:Präsident Salih verspricht vorgezogene Neuwahlen

Lesezeit: 1 min

Zum ersten Mal nach seiner Rückkehr hat sich Jemens Präsident Salih an sein Volk gewandt: In einem TV-Auftritt kündigt er vorgezogene Neuwahlen an, lehnt seinen Rücktritt aber kategorisch ab. Stattdessen macht er seine Gegner für die Gewalt im Land verantwortlich. Die Opposition fürchtet einen Bürgerkrieg.

Vor zwei Tagen ist Ali Abdallah Salih in den Jemen zurückgekehrt, nun hat er sich zum ersten Mal in einer Ansprache an sein Volk gewandt. Trotz der Massenproteste gegen sein Regime lehnt der autokratische Präsident einen Rücktritt weiter kategorisch ab. In seinem Fernsehauftritt stellte Salih jedoch vorgezogene Neuwahlen in Aussicht. Eine "friedliche Machtübergabe" könne allein über Wahlen erfolgen und so den Jemen "aus der Sackgasse" führen, sagte Salih. Der 69-Jährige hatte sich bis vor kurzem in Saudi-Arabien von den Folgen eines Anschlags auf seinen Palast erholt.

Tausende Demonstranten verlangen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa den Rücktritt von Präsident Salih. (Foto: dpa)

Salih warf seinen Gegnern in der landesweit übertragenen Ansprache eine Reihe von Verbrechen vor, darunter Unterstützung des Terrornetzwerks al-Qaida, Morde und Plünderungen.

"Salih spricht mit uns wie mit Kindern"

An die parlamentarische Opposition appellierte er, mit Vize-Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi den Dialog zu führen und die Organisation von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vorzubereiten. Nach Einschätzung einer BBC-Reporterin machte Salih der Protestbewegung aber wenige, konkrete Zugeständnisse. Nach der Rede wurden in der Hauptstadt Sanaa Schüsse in den Himmel gefeuert: "Das ist der Dialog, den Salih will", sagte ein Demonstrant. Ein anderer sagte: "Es ist dieselbe Geschichte, dieselbe Politik, er spricht mit uns wie mit Kindern." Der Präsident hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach Vorschläge für eine Machtübergabe gemacht und anschließend nicht befolgt.

Die Opposition geht davon aus, dass Salih einen offenen Bürgerkrieg anzetteln will, um sich dann als "Retter der Nation" präsentieren zu können. Der Nationalrat der Revolution, eine Art Übergangsrat, der von vielen, aber nicht allen Oppositionsgruppen anerkannt wird, teilte mit: "Salih ist nicht mit der Friedenstaube und dem Olivenzweig in der Hand zurückgekommen, sondern mit zerstörerischen Waffen."

150 Tote in der letzten Woche

Seit Februar verlangen Hunderttausende im Jemen den Rücktritt ihres Präsidenten und seine Bestrafung durch die Justiz. Sicherheitskräfte töteten seitdem vermutlich mehrere hundert Demonstranten - allein in der letzten Woche starben bei Kämpfen rund 150 Menschen.

Die Golfmonarchien hatten daraufhin zusammen mit den USA und der Europäischen Union einen Plan ausgearbeitet, welcher die Bildung einer Regierung der Versöhnung und den Rücktritt Salihs vorsieht. Im Gegenzug würden der Präsident und seine Angehörigen straffrei davonkommen. Der seit mehr als 30 Jahren herrschende Salih hat den Plan mehrfach abgelehnt.

© AFP/dpa/Reuters/dapd/moe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: